Am goldenen See

von Ernest Thompson

Koproduktion mit dem Ernst Deutsch Theater Hamburg
Schlossparktheater Berlin

Inszenierung: Adelheid Müther, Bühne/Kostüm: Lilot Hegl;
mit: Charles Brauer, Tatja Seibt, Nina Hoger, Gustav Peter Wöhler,
Steffen Laube, Jasper Kerninnis, Robin Rosemann

 

 

Der Ernst des Lebens wird mit Humor ummäntelt

Dieses romantisch rührende, köstlich komische, Generationen übergreifende, partnerschaftliche Ping-Pongspiel – (Broadway-Erfolg und Filmsensation 1082 mit Audrey Hepburn und Henry Fonda)  – bedarf, um seine geistreiche Tiefenschärfe auszuleuchten, natürlich exzellenter Darsteller. Und weil die der feinfühligen Regisseurin Adelheid Müther als prächtig harmonisierendes Ensemble zur Seite stehen, ist aus den witzig-spritzigen Dialogen einer Ehe eine rundum kurzweilige Inszenierung entstanden, die in diesen Tagen im Schlosspark Theater Einzug gehalten hat.

Der See, der dem Stück den Titel verleiht, befindet sich jenseits einer – als dramaturgisches Element geschickt eingesetzten – ständig herunterfallenden Fliegengittertür; drinnen, im behaglich mit dunkelgrünem Holz vertäfelten Ferienhaus sind gerade der emeritierte Professor Norman und seine Frau Ethel Thayer angekommen, und kaum sind die Schonbezüge von den Möbeln abgedeckt, beginnt auch schon das wohl ewig alte Ehegeplänkel, das zwei Charaktere enthüllt, wie sie verschiedenenartiger nicht sein könnten, und die Tatja Seibt und Charles Brauer mit Leidenschaft durch den Abend treiben. Frau Seibt als Ethel, ganz Charme und Herz, die mit beinahe jungmädchenhafte Freude an allem, was sich da nun im frühen Sommer regt, was kreucht und fleucht und blüht, auch wenn es tausend lästige Stechmücken sind, mit Begeisterung in sich aufsaugt. Unglaubhaft milde und gütigbiet sie den absurden Gedankenblitzen und bissigen Wortspielereien ihres misanthropischen Ehemannes Paroli. Der, von Charles Brauer als knurriger Professor verstanden, findet hinter den tarnenden Knitterfalten wohl insgeheim ausgesprochen Freude an seinen brummelnden Launen und scharfsinnigen intellektuellen Schnappschüssen. 

Die Dialoge, die sich um alles und nichts drehen, um den langen Sommer, der ihnen vor ihnen liegt – um die Tochter, die noch immer ohne eigene Familie lebt, den Postboten Charlie, der ihre einzige menschliche Abwechslung hier in dieser Einsamkeit ist – sind mit wunderbar trockenem Humor gewürzt, pointenreich, schlagfertig, immer wieder verblüffend in ihren Konsequenzen.  Und doch zieht eine leise Wehmut durch die scheinbar fest installierte Fassade, die hinter Normans garstig-kantigem Sarkasmus die Angst vor dem Alter, die Angst vor dem Lebensende offenbart. Beinahe 80jährig, fühlt und findet er sich mit angegriffenem Herzen äußerst bemitleidenswert. Sein selbstverliebtes Ego und seine Trotztiraden finden erst ernsten Widerstand als die Tochter Chelsea mit ihrem neuen Freund, dem Zahnarzt Bill Ray und dessen 13jährigem Sohn Billy eintrifft. Natürlich, auch ein alter Vater-Tochter-Konflikt steht zur Auflösung an, sowie ein Schwiegersohn in spe, der dem Alten mehr zeigt als nur die Zähne, und als Allheilmittel dessen fröhlich-liebenswerter Junge, der den alten Professor nicht nur neue umgangssprachliche Vokabeln lehrt, sondern auch wieder Freude am Leben.

Mehr muss nicht gesagt werden, denn auch Nina Hoger als Tochter Chelsea, Steffen Laube als ihr Freund Bill und Robin Rosemann, den wir bei der Premiere als Billy erlebten, führen uns die  Aufgaben des Lebens vor Augen: wie es ist, gemeinsam alt zu werden, sich neu zu binden, mit der Jugend zu leben und den Augenblick zu bejahen. Dass Gustav Peter Wöhler als Postbote Charlie seiner Nebenrolle ein herrliches Profil gibt, fügt ihn in das Gesamturteil ein, das eine lange Erfahrung stützt: Nur amerikanische (und englische) Theaterautoren vermögen es, dem Ernst des Alltags mit einem Lachen und den Menschen mit Nachsicht und Zuneigung zu begegnen. Und nur sehr wenige Regisseure und Schauspieler können diesen angelsächsischen Humor wirkungsvoll und adäquat auf der Bühne umsetzen. A.C.

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