Category Archives: Regietheater

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Wald, OL

Ein hübsches kleines Kammerspiel zeigt uns, wie es ist, wenn sich das Verhältnis von Mensch und Natur jäh umkehrt: Dann spielt sich das Leben, vorerst nur auf der Bühne, zwischen geschrumpften Wohnblöcken ab oder auf auch Holzstümpfen, die teils zur standbildhaften Erhöhung eines Cäsar und Plinius beitragen, aber auch um das schnelle Wachstum der heimischen Baumarten zu veranschaulichen, die sogar alle Hochhäuser bereits überragen. Nebel steigt nicht nur malerisch, sondern auch als notwendiger Feuchtigkeitsversorger im Hintergrund auf, während ein Gärtner sein Wissen über die Millionen Jahre alte Vergangenheit der Evolution darlegt. Arg betroffen ist schon der arme Nachrichtensprecher, der die ungeheure Botschaft des sich in allen Städten der Erde ausbreitenden Grüns gar nicht mehr richtig formulieren kann, weil sich die Pflanzen nicht nur auf seinem Kröper ausbreiten, sondern ihm bereits auch schon den Mund verschließen!

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Brechts Gespenster, B

Zunächst führt Suse Wächter, brillant als Schauspielerin und Toneinflüsterin, auch gesanglich spitzenmäßig, den alten Brecht mit Zigarre im Mundwinkel über sich selber plaudern, vor das Publikum. Das tat er meistens und am liebsten, sich seiner Genialität durchaus bewusst. Aber vielleicht gab es doch noch Größere als Ihn? Denn nach und nach führt die Puppenspielerin, zuweilen auch mit Moritz Ilmer zusammen, die kleinen Größen der Historie ins Comeback und scheut sich nicht, Gott höchstpersönlich mit Marx in einen halbspaßigen Diskurs zu verwickeln, bei sich die beiden Wächter ihrer Glaubensgemeinschaften zuletzt sogar auf Russisch brüderlich umarmen und abschmatzen. Na, bei Gott ist eben alles denkbar. Ein irrwitziges Kaleidoskop von Geistern und Gespenstern aus alten Zeiten.

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Annette – ein Heldinnenepos,B

Diese Inszeneirung stellt uns das Leben einer ungewöhnlichen Frau, Ärztin, Widerstandskämpferin, Mutter und Geliebte, Idealistin, Kommunistin vor, die allen Schicksalsschlägen, allen Hindernissen und Enttäuschungen zum Trotz ihrem Idealen treubleibt. Auch als sie die Farce der kommunistischen Ideologie entlarvt hat, wird sie weiter für ihr eigenen Ideale, wie Gleichheit, Freiheit und Gerechtigkeit, Bildung und Gesundheit der unterdrückten Bevölkerung Algeriens kämpfen. Annette zahlt den Preis für ihre Berufung, und sie erhält sehr spät in ihrem 92jährigen Leben auch einen Preis, nämlich den der Israelischen Vad Vashem für ihren Mut um die Rettung jüdischer Mädchen vor den Nazis. Für ihren Kampf gegen die eigene Nation, in dem sie als Kurierin und Spionin für die Algerier ihr Leben riskiert, erhält sie eine 10jährige Haftstrafe und eine spätere Begnadigung, allerdings erst als Frankreich Algerien als eigene Nation anerkennt. Die drei Schauspielerinnen können die Entwicklung der Annette von der sehr jungen naiven und von Gerechtigkeitssinn angetriebenen Studentin, sowie der späteren, sehr bewußt aktiven kommunistischen Partisanin bis zu der erfahrenen und dennoch an ihren Idealen festhaltenden Frau als einer starken Persönlichkeit auch mit berührenden Momenten Präsenz verleihen. A.C.

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Der Impresario, OL

Die Insznierung enthält alles erdenklich Absurde, gewürzt mit guten Bonmots und passender Kritik,, die die Theaterbürokratie treffen, in der trockene Juristendiktion gegen Bühnenfreiheit und Lebendigkeit steht. Und doch ist es heutzutage schon sehr viel besser um die Freiheit der Künstler bestellt, wenn auch die Frauen noch immer um ihre Anerkennung und weibliche Würde kämpfen. Doch auch das Theater selbst kämpft um seine ureigenste Intentiion: als Überbau der Wirklichkeit das Phantastische, die Utopie vorzuführen, das, was sein könnte, aber nie sein wird, weil die Fiktion nur auf der Bühne Realität sein darf, sonst ginge beides verloren, und das Theater würde seine Wirkung und Faszination verlieren. Ein schöner Einwurf zur Poesie und Philosphie des Theaters und der Kunst schlechthin, die der Theatergott allen ans Herz legt.

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Ewig Jung, B

..und sie läuft und läuft und läuft, diese überbordende Produktion: mit Heiterkeit und Tiefsinn, mit Spaß an einem schwierigen Objekt, nämlich dem Älterwerden. Als das Ensemble mit dem Aufführungsreigen 2009 begann, waren alle jung und älter geschminkt, heute sind sie etwas älter und noch älter geschminkt, beinahe so absurd, dass die Insznierung jetzt schon beinahe an die Adams-Family erinnert, wäre sie nicht so voller Übermut und musikalischem Schwung . Wobei natürlich auch hin und wieder einige Ernsthaftigkeit impliziert ist. Dennoch alles in allem ein wahnsinnig groteskes Horrorszenario, in dem die Alten von der adretten, dem Sarkasmus nicht abgeneigten Schwester Angelika so überaus fürsorglich betreut werden, und ihr dennoch immer wieder entwischen, um sich auf eigene Faust nach Bedürfnis und Vermögen zu vergnügen, allerdings dann doch leider in Grenzen.

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Don Quixote, HB

Ein Plädoyer für die Liebe, für die Selbstbestimmung der Frau, für das Ritterliche in beiderlei Geschlecht, deren Sehnsüchte und Körperlichkeit dann aber doch wohl einige Unterschiede besitzen, die zu bekämpfen so sinnlos ist wie Don Quichotes Kampf gegen die Flügel der Windmühle oder die imaginären 200 feindlichen Männer, deren Schatten visionär im Morgengrauen erscheinen.

Die drei Darsteller, zwei junge Frauen, ein junger Mann, in Plastikplanen und Lappen gehüllt, verkünden lachend und blitzenden Auges, deren Schalk unverkennbar zum Stück gehört, dass sie nach Liebe suchen, bei sich, bei uns, bei anderen. Egal, irgendwo und vor allem ständig. Weil sie diese selbstlose Liebe, die sie weder orten noch definieren können, wohl niemals finden werden, fühlen sie sich jenem Ritter von der traurigen Gestalt verbunden, der einer Wahnvorstellung, einer geliebten Schimäre nachjagt und der Menschheit verständlich zu machen versucht, dass nur ein Narr das Übel der Welt bekämpfen kann, aber auch ebenso wenig die Liebe für sich beanspruchen und festhalten kann.

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