Monthly Archives: Dezember 2015

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Maria de Buenos Aires, HB

Diese Inszenierung zieht alle in ihren suggestiven Bann; ein berührendes Drama der Seelentiefe, verpackt in surrealistische Poesie und eingehüllt in zärtlich weiche Tangorhythmen, die sich abwechseln mit der Härte und Brutalität der ewig Ausgestoßenen, der abseits Lebenden und Hoffenden im Dunkeln der Großstädte. Zu ihnen gehört diese wunderbare, liebliche, und sich der Liebe hingebende Mariá, die als ahnungsloses Mädchen in den Dschungel der Unterwelt gerät und trotz des sie liebenden väterlichen Freundes zuletzt ein Opfer der Süchte und unerfüllten Träume wird. Als Schatten ersteht sie wieder auf, als Unbesiegbare, ewig Geliebte, nie Erreichbare und doch von allen Geächtete. Sie wird wiedergeboren als sie selbst, als Frau, als Gebärende, Lebenerhaltende. Jesus ist ein Mädchen, eine Frau, die ewige mater dolorosa.
Ein vielschichtiges, phantasievoll choregraphiertes und stark rhythmisiertes Spiel um die niemals endende Sehnsucht des Menschen nach dem verlorenen Paradies mit der wunderbar wandlungsfähigen Annemaaike Bakker und dem stimmgewaltigen Patrick Zielcke sowie dem Sprachkünstler Benno Ifland .

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Rigoletto, B

Es ist eine Aufführung, ein Abend, den man so schnell nicht zu den Akten legt. Patrick Lange verleiht der vitalen, weithin sich verströmenden und in vielen Nuancen hauchzarten, erregenden und bewegenden Oper Verdis eine Präsenz, die sich unmittelbar und unzweifelhaft der menschlichen Finsternis zuwendet. Das Spiel in der Gasse kannte kein Pardon weder mit den Herrschenden und Mächtigen, noch mit ihren Vasallen und den Krüppeln des Lebens – als Spott und Spielball des Volkes eroberten sich diese Inhalte zunächst als pantomimische Darstellungen die Bühne, wo Rührseligkeit und Realität beißend auf die Spitze getrieben wurden. Der Schock feierte fröhliche Urständ. Für Franzosen und Italiener ein Spiel, mit dem sie umzugehen wussten. Für die deutsche Mentalität gerät die Wirkung zu sehr ins Wahrhaftige. A.C.

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Maria de Buenos Aires, B

Von Erotik, von fiebernden Leidenschaften, vom Liebeskampf der Geschlechter ist diese Inszenierung weit entfernt. Sie ist stellenweise langatmig, zuweilen grausam, dann wieder banal. Wären da nicht die wunderbaren Bandoneons, mit denen die Paare ausgestattet sind, und die sie mal als Instrumente, mal als Sitzmöbel, dann wie eine Geliebte in den Armen halten – oder, lang ausgedehnt, als gemeinsame rote Schutzwand im Daseinskampf in den Armenvierteln von Buenos Aires benutzen, dann wäre die Performance nicht weiter aufregend — im Kontrast zum einfühlsam spielenden Orchester, dessen Intonation so gar nicht dem hoffnungslosen Text und Ambiente entspricht, sondern zärtlich aufhorchend dem Leben die schönen Saiten abgewinnt. A.C.