Monthly Archives: November 2018

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Die Tanzstunde, B

von Mark St. Germain, deutsch von John Birke Komödie am Kurfürstendamm im Schillertheater, Berlin, (Wiederaufnahme November 2018) Regie: Martin Woelffer, Bühne und Kostüme: Julia Hattstein, Choreografie: Annette Rekendorf mit Tanja Wedhorn und Oliver Mommsen “Veränderungen bedürfen der Courage” Wenn das noch gelingt – ein sensibles Drama mit Empathie und Humor, mit Akzeptanz, Toleranz und Einsicht in die unausweichliche Dramatik der Realität einzubetten – dazu mit zwei Schauspielern, die sich auf dem Spiegelparkett der Anforderungen sicher zu bewegen wissen, die vor

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Eine griechische Trilogie, B

Der Schlüssel steckt im ersten Bild: sechs Frauen auf einer weiß-nebligen Bühne , die irgendwie zusammengehören: Da ist hypercoole Frau, Ärztin, Mutter einer willlosen, sich permanent mißbraucht fühlenden Tochter, deren konfliktgeladene Beziehung rasch aufzeigt, dass Witz und weibliche Solidarität ihre Grenzen haben. Aber auch die anderen Frauen, deren Leben und Schicksale irgendwie alle miteinander verknüpft sind und die allesamt in eine öku-vegane , allerlei Probleme mit- und nach sich ziehende Kommune vor ihren gewalttätigen Männern geflüchtet sind, tragen schwer an psychischen und physischen Wunden, vermeintlicher Schuld und wütender Rache. Eine Frauengemeinschaft, die sich außerhalb der Gesellschaft in behutsam verhaltener Agressivität ein anderes Leben aufbauen will und doch auch hier von seelenlosen Mit-Menschen ebenso gequält wird wie zuvor von ihren nun hilfslosen Männern, die sie eines Tages in ihrem Versteck aufstöbern werden.

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Lazarus, HB

Ein Mann fällt aus dem Himmel auf die Erde. Ein Außerirdischer mit menschlichen Zügen und Eigenschaften, einem überwachen Verstand, doch ohne den Schutz der Erfahrung. Er befindet sich auf einem fremden Planeten, von dem er Wasser schöpfen soll zum Überleben des eigenen Planeten. Aber dieser Mann ist dem mitleidlosen Leben der irdischen Zivilisation nicht gewachsen. Er wird ein Opfer der Macht, deren Gipfel er dank seiner empathischen und telepathischen Einblicke zunächst für sich selbst entdeckt. Er hat Erfolg, wird reich, scheitert aber letztendlich an der mitleidlosen Rücksichtslosigkeit der Gesellschaft. Er verliert alles bis er bitterarm und krank als psychischer Pflegefall im Abseits landet. Die Inszenierung trägt das schwierige Wechselspiel zwischen Wachsein und Wahn mit ruhigen lyrischen, poetischen Augenblicken, die den Mann an ein kurzes Liebesglück in der Vergangenheit erinnern, um dann wieder jäh mit grausamen Halluzinationen zu kämpfen, die der Kranke im Dilirium ertragen muss und der Zuschauer ebenfalls. Denn dieses Leben, das schon lange nicht mehr so bezeichnet werden kann, ist grausam,schmerzvoll, unerträglich, wie die harten Schläge der Beatband. Dass manche der poetischen Liedtexte dabei der musikalischen Unerbittlichkeit zum Opfer fallen, ist bedauerlich. Aber insgesamt ist dies eine anspruchsvolle, phantasievolle und ergreifende Inszenierung mit hoch engagierten Sängern, Tänzern und Schauspielern.

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Der Mensch erscheint im Holozän, B

von Max Frisch In einer Fassung von Thom Luz und David Heiliger Deutsches Theater Berlin, 2018 Essay von Peter von Matt Impulsvortrag über Max Frisch von Beatrice von Matt „Ein Weg ist ein Weg auch im Nebel.”Ist da ein Riss im Boden? Und was ist mit dem großen Riss durchs Gelände? Mit der phantastischen Wachheit des Einsamen beobachtet Herr Geiser seine Umwelt. Es regnet seit Wochen. Was, wenn der Berg ins Rutschen kommt und das Haus, das Dorf, das ganze

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Orpheus in der Unterwelt, OL

Man stelle sich vor: Da wird der zärtlich alle Herzen betörende Stargeiger Orpheus von seiner Ehefrau betrogen, und er selbst neigt seine Gunst auch eher einer kleinen Nymphe zu. Also handfester Ehekrach im Hause des großen klassischen Liebespaares. Offenbach stellt eine neue, freche, amüsant verquirrlte Version vor, die der Regisseur dieser Inszenierung auch noch nach comedy-Art mit allerlei Gags und Slapsticks fein zu würzen versteht. Und nicht nur das: er selbst übernimmt nun die Hauptrolle – eigentlich der Not gehorchend, weil die beiden “echten” Eurydikes an diesem Abend nicht auftreten können, und Elvira Hasanagic die Partie am Seitenpult zwar zauberhaft und leidenschaftlich singt, aber die schauspielerische Partie unmöglich in nur wenigen Stunden erarbeiten konnte. Also, was lag da auf der Hand als die scheinbar mit so leichter Hand komponierte tiegründige Satire auch kurios verquer mit einem männlichen Hauptdarsteller zu besetzen: mit Felix Schrödinger, der als Regisseur ja ohnehin alle Rollen genauestens einstudiert hat. Die Renaissance der Operette in bester Konsequenz.