Monthly Archives: Januar 2015

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Der Idiot, OL

Irinia Okninas Nastassja ist zerrissen zwischen diesen eher undurchsichtig sich verhaltenden Mannsbildern, denn der dunkle, unheimlich und tiefgründig sich artikulierende und bewegende Rogoschin ist als leidgeprüfter Liebhaber ebenso begehrenswert wie der in sich ruhende Myschkin. Daniel Moon spielt und kostet seine Leidenschaft in voller Tiefe aus, und man hört ihn zugleich als Othello und alle anderen verstörten und gedemütigten Liebenden der Operngeschichte. Irina Oknina wird im späreren Duell mit der jungen um den Fürsten buhlenden Aglaja die gewaltige Strahlkraft ihrer Persönlichkeit einsetzen müssen, um im Sängerduell der liebenden Frauen zu siegen. Denn auch Yulia Sokolik weiß um die Stärke weiblicher (und gesanglicher) Betörungskünste. Wäre Fürst Myschkin weiblicher Macht und dem Dämon des Mammons verfallen, die seltsamen Gebaren seiner Mitmenschen, Geld zu verbrennen oder für die eigenen Töchter zu Markte zu gehen, würde ihn wohl nicht so entsetzen. So vergeudet die Generalin Jepantschina, mit Melanie Lang eindrucksvoll besetzt, ihre ganze Energie an der naiven Weltunerfahrenheit des begehrenswerten, trotz seiner Krankheit attraktiven möglichen Ehemannes.
– Während unten im Orchestergraben die Instrumente die Geschichte einer überschäumenden Leidenschaft und eines göttlichen Mitgefühls und somit die stille Hoffnung des Dichters wie des Komponisten auf eine verständnisvollere Welt ad absurdum führen. A.C.

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The Forbidden Zone,B

Dokumentartheater auf mehreren Ebenen: Auf der Bühne wird gespielt und gefilmt, was einst geschah: der Kampf der Chemikerin und Ehefrau Fritz Habers, Clara Immerwahr, um die Ethik von Wissenschaft und Forschung und ihr Freitod; Der Kampf ihrer Enkeltochter nach dem 2.Weltkrieg um Schuld und Sühne und die Forschung zu friedlichen Zwecken. Auch sie schied in ihrer Verzweiflung um die Aussichtslosigkeit einer friedlichen Welt aus dem Leben. Darin in verschiedenen Sequenzen verwoben das Schicksal der Soldaten, die durch den Einsatz des von Haber entwickelten Giftgases im 1.Weltkrieg schrecklich zugrunde gingen. Die Inszenierung ist technisch faszinierend und emotional verstörend. Falls wieder im Spielplan, unbedingt anschauen!

Und als Gegenstück – falls irgendwo auf der Bühne oder im Film zu sehen – ebenfalls sehenswert: “Alfred Nobel und Bertha Suttner- eine Liebe für den Frieden”

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Der Idiot, HB

Das Wesentliche der umfassenden Romanvorlage in einem “nur” dreieinhalbstündigen Schauspiel auf die Bühne zu bringen, ist ein beachtenswertes Unterfangen. Die Schauspieler können die verschiedenen Charaktere weitgehend ausleuchten, wobei der im Mittelpunkt stehende Fürst Myschkin, der den engen Vorstellungen einer auf Vorteil, Geld und Geltung ausgerichteten Gesellschaft in seiner naiven Gutmütigkeit und Ehrlichkeit unangenehme Wahrheiten sagt, als “Idiot” abgetan wird. Gleichwohl suchen alle seine Nähe, um sich unter dem Dach seines Titels und Vermögens als gleichwertig fühlen zu können. Dass Liebe und Tod auch hier die Hauptrollen spielen, könnte zum echten Drama gereichen.