Nixon in China, B

von John Adams
Oper in drei Akten, Libretto von Alice Goodman
Uraufführung am 22.10. 1987 an der Houston  Grand Opera  

Deutsche Oper Berlin,2025 (Premiere am 22. Juni 2024)
Musikalische Leitung Daniel Carter, Künstlerische Leitung: “Hauen und Stechen”,, Regie:Franziska Kronfoth, Julia Lwoski, Bühne:Yassu Yabara,Kostüme: Christina Schmitt, Video,Live-KameraMartin Mallon, ÖLicht-Design: Henning Streck, Sound-Design: Arne Vierch, Chor: Jeremy Bindes, Dramaturgie: Carolon Müller-Dohle, Spielleitung Debstatinn Häuptler, Matteo Marziano Graziano
Mit: Kyle Miller, Thomas Lehmann, Padraic Rowan. Karis Tucker, ElissaPfaender, Davia Bouley, Alfred Kim, Heidi Stober, Hye-young Moon, Gina-LisaMeiwald,Angela Braun, Thorbjörn Björnsson, Jean Chaize, Elsa Thiemar; Chor und Orchester sowie Statisterie der Deutschen Oper Berlin.

Freund-Feind-Theater – ein Opernspektakel

Es ist ein kaum überschaubarer Affenzirkus, der sich da vor dem Publikum in der Deutschen Oper auf der Bühne abspielt. Es soll sich um den US-Präsidenten Richard Nixon drehen, der im Jahr 1972 der Volksrepublik China einen Besuch mit wirtschaftlich aussichtsreichen Absichten abspielte. Man kann Parallelen zur heutigen Zeit ziehen, nur, dass nicht der amerikanische Präsident um China buhlt, sondern der russische, und die Vereinigten Staaten sich eher im Wirtschaftskrieg mit der Großmacht China befinden.

Die Inszenierung ist nicht nur turbulent, farbig und monströs, im Ablauf des Geschehens zunehmend nebulös, so dass ein Blick in das Programm zur Orientierung beiträgt, wo sich wer nun eigentlich befindet, und was sich da eigentlich abspielt. Die kräftigen Stimmen, deren Besitzer  im Dschungel der tausend- und ein Requisiten beinahe erst gesucht werden müssen, lassen aufhorchen. Zu hören sind sie prima, und der kräftige Bariton von Alfred Kim als Mao verkündet, dass er sich seiner Wichtigkeit durchaus bewusst ist und seine für die Welt zweifelhaften Erfolge ihn als großen Wohltäter im Sinn seiner Ideologischen Vision auszeichnen. Thomas Lehmann als gutfreundlicher Nixon ist nicht nur als Tenor naturgegeben behutsamer eingesetzt, wie er sich wohl auch in Wirklichkeit in diesem Umfeld einst wie auf einem Vulkan fühlte und bewegte. Auch Heidi Stober als seine Frau Pat versucht, halb neugierig, halb verwundert, mit einer sympathischen Lebhaftigkeit sich irgendwie in diesem chinesischen Spektakulum zurechtzufinden, dass nicht nur amüsante Darbietungen bereithält. Kyle Miller als Tchou  En-lai spielt den Hippie mit langen Haaren und in hellem Gewand.  Ganz so lässig ist er ja historisch nicht einzuordnen. Eine superstarke Energie strahlt  Hye-young Moon als Maos Frau Chiang nicht nur stimmlich aus. Man weiß ja, wie durchsetzungsstark und unheilvoll sie nach Maos Tod agierte

Kyle Miller als Premierminister Chou En-Lai  eher zurückhalten, doch fest im Sattel und Alfred Kim als Parteivorsitzender Mao dominieren auch gesanglich die politische Begegnung,  die als stolze und traditionsbewusst opulente Darbietung zelebriert wird und doch gerade dadurch die Besucher schockt. Es gibt seltsame aggressive Festbankette, surreale Theater- und Tanzvorführungen, die eher wle Demonstrationen des irrwitzigen Revolutionseifers gelten. Auch eine wenig ästhetische Vorführung der wirtschaftlichen Eigenständigkeit in einem naturalistischen Schlachthofszenario sowie gefolterte Gefangene im Glaskäfig, allerlei Unappetlichkeiten und vor allem die lautstarke Drohung der Atombombe, machen das Ganze eher ungemütlich und lassen die latente Gefahr spüren.

Es ist also nicht nur ein Austausch von Höflichkeiten, Banalitäten, kulturellen  Darbietungen und kulinarischen Besonderheiten in einem temporeichen und stark rhythmisch untermalten Propagandaschauspiel, sondern es ist auch ein Wagnis, ein Tanz auf dem Drahtseil der Diplomatie angesichts einer höchst befremdlichen politischen Realität, bei der die amerikanische Gesandtschaft ihr Herz in die Dunkelheit tauchen muss. Für den anerkannten Diplomaten Henry Kissinger im Gepäck gibt es keine herausragende Möglichkeit, seine Fähigkeiten zu beweisen, jedenfalls nicht in dieser Bühnenfassung.  Doch in der Realität führt diese Intermission einige Jahre später zu einem interessanten Kulturaustausch,von dem der berühmte Chinesische Tänzer Li Cuxin in seiner Biografie “Mao letzter Tänzer” ausführlich schreibt.

Vorerst ist die Musik passend für den amerikanischen Präsidenten arrangiert;  mit Bigbandklängen der Swing-Zeit, die in der bürgerlichen Welt des Präsidenten und bei seinen rotarischen Freunden beliebt war. Es dominieren Blech und Holzbläser und Saxophon im Wohlklang. Das chinesische Revolutionsballett stampft  in militärisch exakten  Formationen, eine schöne Tanzgarde als taubstumme Masse. Die Farben der chinesischen Propaganda prangen überall, Fahnen,. Geräte, Kleidung, Dekoration, aber auch die US Flagge  weist auf ihren Nationalstolz der Gäste hin. Das Orchester kling zeitweise wie eine große Ukulele, gleitet aber in der Minimal Musik eher in die indische Klangwelt, erinnert an Philipp Glas und zeigt sich somit flexibel trotz der Gleichförmigkeit, in dem es Strenge und rigorosen Modernismus variabel mit romantischen Klängen  verbindet.. Unerträglich ist die laute und zerrissene Inszenierung bis nach der Pause, als, Hohn auf die totalitäre gesellschaftliche Bevormundung  – die letzte lange Szene den beiden Politikerpaaren Gelegenheit gibt, sich im Klang der zärtlich gestimmten Geigen auf die Zeit ihrer Jugend verklärt und verliebt zurückblicken, in der sie noch nicht so viel Unheil angerichtet und bewältigt hatten, als die Zukunft noch mit Hoffnung und nicht mit so viel Blut gefüllt erschien.

Die Nostalgie beeinflusste wohl das Publikum stark, so dass es  die optisch sehr aufwendige und wenig strukturierte Inszenierung der avandgardisch-revolutionär sich gebende Künstlervereinigung, die für das Konzept verantwortlich zeichnet, trotz mangelnder Übersichtlichkeit mit Zustimmung belohnte. A.C..

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