Silvia Gribaudi, Tanztage ,OL
Oldenburgisches Sstaatstheater, Mai, 2025
GRACES
mit: Silvia Gribaudi, Andrea Rampazzo, Francesco Saverio Cavaliere, Siro Guglielmi
Choreografie und Dramaturgie: Silvia Gribaudi, Musik: The Chromatics, Bonny Goodmann&HIgh Band, Franz Glazer, Matmos, Johann Strauss, Elisabeth Wilcock&John Halloway, Dramaturgie: Matteo Maffesanti, Kostüme: Elena Rossi, LIchtdesign: Antonio Rinaldi
Über die Schönheit
Geplänkel mit dem Publikum, ein bißchen auf Englisch, ein bißchen mit italienischen Vokabeln, immer sehr gestenreich und bewegt – Siliva Gribaudi, Impressaria, Regisseurin, Choreografin, Dramaturgin und Entertainerin in persona, managt und manövriert ihre drei männlichen Startänzer über weite zeitliche Strecken hinweg partnerschaftlich mit allerlei Nonsence über die Bühne. Dabei, sozusagen zwischendurch, zeigen sie schon mal, was sie an skurrilen tänzerischen Verrenkungen und kleinen körperlichen Talentspielchen so drauf haben. Ein Potpourri der Unbefangenheit über herzlose Trainingsläufe hinweg, die endlos fortgesetzt werden könnten, so jeden signalisiert es Chefin Silvia, die zwischen, neben, hinter und unter ihren Partnern anmutig hindurchtänzelt, schlüpft, sich positioniert und immer wieder überraschend das Publikum einbezieht und zum Beifall für ihre kleinen sonderbaren Späßchen auffordert.
Das Oldenburger Publikum reagiert fröhlich gestimmt, nicht ganz so empathisch vielleicht wie daheim das italienische. Aber man ist doch sehr gespannt, was dem quirrligen Quartet zu den abwechslungsreichen musikalischen Vorgaben noch alles einfallen wird, neben Sprüngen, Drehungen, vergnüglichen Körperformationen, elegant und bizarr – zumal Silvia immer wieder mit dem Begriff der Schönheit lockt und auf ihre drei gut trainierten Männer weist, die auf Brust und Bizepts Muskeln und Schweiß blitzen lassen. Doch zunächst Silvia plaudert aus ihrer Kindheit, wo alle miteinander fröhlich tanzten, Dicke, Dünne, Große, Kleine, ganz egal, einfach alle zusammen. Denn was eigentlich will und sollte Tanz sein? Es sollte ein Vergnügen für alle sein und jedem etwas geben, Ausgelassenheit, Erfüllung,Selbstbestätigung.
Und dann, eigentlich im letzten Viertel der munteren Miteinanders erst, zeigen sie uns, wie Schönheit funktioniert, als die drei Apollos sich in statische griechische Olympioniken verwandeln. Im HIntergrund, im Halbschatten entstehen jäh kraftvolle Momentaufnahmen klassischer lebendiger Skulpturen voller Schönheit, Kraft, Eleganz, körperlicher Makellosigkeit nach antiken Idealvorstellungen. Drei Grazien – von Antonio Canova (1812-1817): Graces – er formte die drei Töchter des Zeugs, Göttinnen der Anmut: Euphrosyne, Aglaia und Thalia, Symbole für Pracht, Frohsinn und Wohlstand.
Und als der Ästhetik Genüge getan ist, rutschen die vier Künstler, jetzt plötzlich zu Kindern und Artisten verwandelt, über den inzwischen mit gleitender Flüssigkeit besprengten Boden in allerlei skurilen Formationen. Sitzend, hockend, stehend sausen sie über das glänzende Parkett, miteinander, durcheinander, vereinzelt wie auf einem paradiesischen Spielplatz. Wohlgemerkt, ein toll einstudierter Spaß, aber nur für Könner!
Großer Beifall für eine muntere, schwerelose Inszenierung tänzerischer Vielseitigkeit. A.C.