Ich, Cyrano, OL

Musikalische Komödie nach der romantischen Komödie von Edmond Rostand
Oldenburgisches Staatstheater, 2025
Rezitation, Konzept, Text und Video: Kammerschauspieler Thomas Birklein
Musikalische Leitung: Maximilian Hörmeyer, Mitarbeit und Abendspüielleitung: Elisabeth Kerschbäumer
Licht: Philipp Sonnhoff, Inspizienz: Stefan Vitu, Theatermeister: Thomas  Fendesack

Musik: Violine Maximilian Birklein, Violoncello: André Saad, Klavier: Diana Sahakyan
Programm: Bedrich Smetana, Johannes Brahms, Sergei Rachmanninov, Arvo Pärt

Wenn Musik zur Sprache wird

“Ich bin-Ich war-ein Musiker und Reimedrechsler, Physiker, Philosoph und Fechter, Zungengewandter Schlagwortwechsler, Mondreisender ohne Sack und Pack, Liebhaber auch- jedoch ein Schlechter”.

Es gab ihn wirklich, diesen unglaublichen Mann, und sein Andenken währt durch den französischen Theaterdichter Edmond Rostand (1868 bis 1918) ewiglich. Der echte Held wurde am 6. M#rz 1619 in Paris geboren, wuchs in eienr wohlhabenden Familie auf, besuchte ein renommiertes College und galt schon asl KInd als wissbegrierig, aufmüpfig, eigenwillig und wild. Er diente beim Regiment der Cascogner und erlebte die letzten Schlachten des 30jährigen Krieges mit. Ein kampflustiger Duellant und gleichsam ein Poet. Er besuchte die Vorlesungen von Piere Gassendi, ein Phillosoph und Astronom, der sich an den Studien Galileos beteiligte. Auch Cyrano gehörte zu seinen Anhängern und  verteiigte das kopernikanische Weltbild öffentlich, allem Risiken zum Trotz.

Und sein Ebenbild in diesem Theaterstück schreibt ebenso Theaterstücke, dichtet, ist politisch aktiv und agressiv, macht sich viele Feinde und nur wenig Freunde durch seine Provokationen und Satiren, in denen er die Gesellschaft seiner Umgebung witzig und boshaft karikiert.

Sein Sprachwitz erinnert an Moliêre, wenngleich auch zu jenen Zeiten sich wohl jeder Mann in Reimen übte. Auch die entzückend skurrile Reise zum Mond ist nicht so ganz eine Farce, denn der authentische Cyrano schrieb auch einen utopistischen Roman “Die andere Welt” und verteidigte die neuesten Erkenntnisse der Wissenschaft. Er starb viel zu früh, 36 Jahre alt, durch einen Unfall,von dem man nie erfuhr, ob er ein Mordanschlag oder Zufall war. Diese Unklarheit hat der Atuor des Lustpiels klar  als bewußtes Attentat beschrieben. Heute sind übrigens ein Mondkrater und ein Asteroid nach Cyrano de Bergerac benannt.Das alles hat die Dramaturgin Elisabeth Kerschbaumer sehr informativ im Programmheft erläutert und damit einen Zugang zu dieser kleinen liebevollen Inszenierung geebnet.

Der zunächst sichelformige Mond am dunklen Himmel wird immer größer im Laufe der temperamentvollen Erzählung von Thomas Birklein bis er schließlich wie ein großer weisser Ball mit all seinen Kratervertiefungen das Bühnenblid blendet. “Das ist das Mondlicht nur, es raubt die Farben, und selbst die golden glänzenden Garben erscheinen Nachts in fahlem Blau. Bei Nacht sind alle Katzen grau”. Dies köstliche Bonmot verkündet als Cyrano als er voll Widerwillen, aber der angebeteten Roxane zuliebe, den Vorspecher für den schüchternen Christian mimt, als dieser Roxane im nächtlichen Rendevous hilflos umwerben möchte. Doch im fahlen Mondschein der Verkünder der glamorösen Liebeserkärung fast unsichtbar bleibt (aus gutem Grund!)und der Umworbenen nur schemenhaft als Schatten unter ihrem Fensterbalkon erscheint, verlangt sie wohl zur Recht ein wenig Klarheit über den Liebhaber   als Schattenriss.

Denn das ist der wesentliche Teil, den der Schauspieler  sozusagen als seinen Abschiedswunsch vom 24jährigen Bühnenleben am Oldenburger Staatstheater selbst inszeniert: die große, unfassbar altruistische Liebe zu der schönen Roxane, die er dem faden Christian überläßt als dessen Ghostwreiter – denn, und das ist die markanteste Skizzierung für diesen Superhelden in der Geschichte: er leidet seiner überdimensionlen großen Nase, viel bespottet und beleidigt, was schließlich zu einem erheblichen Minderwertigkeitskomplex geführt hat. Und weil er sich u würdig fühlt und doch diese schöne Cousine bis zur Selbstaufgabe vergöttert, tut er alles in anonymer Selbstaufopferung für sie – bis zu seinem Tode. Da die begehrte Schönheit in ihm lediglich den tollen, begabten und ihr hündisch ergebenen VEtter sieht, macht sie diese verwandtschaftliche Vertrautheit blind gegenüber dem leidenden Cyrano. Und so glaubt sie wirklich bis zum Tode des großen Dichters, dass alle die Liebesschwüre, die sie von Chrstian erhielt, von diesem selbst verfasst gewesen seien. Überprüfen kann sie durch ihre Entscheidung, nach Christians Heldentod im Krieg, fortan im Kloster zu leben beinahe nicht mehr, wer der wahre Verfasser dieser großen Poesie einst war bis…

Ja, und das bitterschöne Ende kommt nun in dieser Aufführung leider zu kurz. Thomas Birklein hat  wohl einen Entschluss umgesetzt: nämlich die Musik, die auch die romantische Vorlage begleitet, mit Kompositionen großer Namen, die sich in der Interpretation großer Gefühle anbieten, auszukosten, Mit einem erstklassigen Trio aus der Ensemble des Staatsorchester werden alle Emotioenen und wegweisenden Ereignisse begleitend in die Inszenierung eingefügt. Und Birklein selbst hat die Rezitation auf wenige Szenen begrenzt, die die entscheidenden Episoden in Cyranos Bühnenleben charakterisieren: Seine herrlichen Giftspritzen gegen unliebsame Grafen und Vorgesetzte, gegen Heuchler, Schmeichler und vor allem gegen schlechte  Künstler, aber auch seine unglaubliche Uneigennützigkeit, mit der er nicht nur seinen Freunden zur Seite steht, sondern vor allem für Christian, seinem Kadetten und Angetrauten Roxanes, jene tausend Liebesverse schreibt, die er selbst aus ganzem Herzen für Roxane empfindet ,

Ein musikalisch wunderbar arrangierter Abend, ein Schauspieler, der die überbordende Liebespoesie  eines Dichters um die einfühlsame Musik großer Komponisten ergänzt und sie großherzig als Interpreten einer kunstvollen Spiegelung des Lebens in den Vordergrund stellt. A.C.

 

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