La Fiamma, B
Es ist unheimlich in diesem Ravenna des 7. Jahrhunderts. Missliebige Frauen werden als Hexen defamiert und mit schier höllischer Inbrunst dem Scheiterhaufen übergeben. Patriarchen hängen noch im Greisenalter an der Mutterbrust und Enkelsöhne vergreifen sich flugs an Dienstmädchen und schieben gar Liebe vor, wenn es sich um die junge Stiefmutter handelt. Zugegeben, die ist todunglücklich in diesem leblos hölzernen Haushalt, wo die Mägde zwar fröhlich kichern, das heißt, entzückend singen, wenn die eiserne Hauslady abseits ist, die Schwiegertochter aber, mit einem ungeliebten Mann verheiratet, nur verzagt vor sich hinsinkt. Es wird toll gesungen, zuweilen sogar so heftig, dass man die nicht vorhandenen Scheiben klirren hört wie bei Oscar Mazerath, nur weitaus vollkehliger.Denn die Musik Ottorino Resphighis celebriert 1934 ein Spektakel voller Glut und Ingrimm auf eine Gesellschaft, die sich verführen läßt von absolutistischer Macht, hier abstrakt vorhanden durch die Kaiserin in Byzanz, die ihre Befehlsgewalt bis in das Haus in Ravenna ausübt, explizit auf den Enkel Donello. Und somit ist die Assoziation, vorsichtig angedeutet in einem gellenden Aufschrei des inbrünstig agierenden Chor-Volkes, das nach einem imaginären (und schwachen) König alias Victor Emanuel III ruft, der den noch nicht ganz zu Hitler übergelaufenen Mussolini die Nation übergeben musste, auch offensichtlich.