König der Herzen

von Alistair Beaton
Schlosspark Theater


Auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil Wo bleibt die feine englische Art?

“Wie würde unsere Regierung reagieren, wenn das repräsentative Oberhaupt unseres Landes laut darüber nachdenkt, zum Islam zu konvertieren?” fragt uns das Programmheft. Also, unser Bundespräsident? Ich persönlich denke, es würde eine Weile die Gemüter bewegen, pro-und contra- Stimmen in die Medien bringen, und nach einer Weile würde der Alltag wieder die Hauptrolle übernehmen.

Dieser Frage in der von Bettina Rehm inszenierten englischen Boulevardsatire steht eine andere gegenüber: Wie würden wir reagieren, wenn unser Staatsoberhaupt sich überwiegend in Fäkalvokabeln ausdrücken, fluchen und schimpfen wie ein der Sprache und des Minimalanstands nicht mächtiger Prolet? Es ist unfassbar, wie der altehrwürdige Entertainer und Kabarettist (und nun ja auch Chef des Hauses) Dieter Hallervorden die Hauptrolle seines neuen Stückes zerstört und die Figur des Premierministers demontiert, und wie wenig die Regie sich der so genannten “feinen englischen Art” bedient, die ja auch damit und gerade in ihrer Distinguiertheit jene feinen Nadelstiche zu versetzen vermag, die eine geistreiche Satire sehenswert und wahrhaftig machen. Wie wäre es mit einem kleinen Blick in die unnachahmlichen Verfilmungen des britischen Weltbestsellers “Yes Minister” und “Yes Premierminister”?

Da aber augenscheinlich in diesem Team keiner  – und auch nicht der Dramaturg, dessen Aufgabe es gewesen wäre, hier ein wenig mehr Authentizität und nationales Flair einzubringen – es mit der Satire wirklich ernst genommen hat, sondern es so scheint, als ob das Anliegen der Inszenierung vorwiegend die Sondierung nach multikulturellen Gutmenschen und hinterwäldlerischen, gegenüber den Erfordernissen einer weit umfassenden Toleranz blinden und machtgierigen Politikern darstellen soll. Denn da will doch tatsächlich der designierte Thronfolger des Königreiches, noch während sein Vater Charles noch im Sterben liegt, eine waschechte Muslimin gegen alle Staatsinteressen heiraten, die ein soziokulturelles Zentrum in London betreut. Ein König des Herzens also!
Der Premierminister aber ist verzweifelt: über den todkranken König, über den unzuverlässigen Geheimdienst, über die unmögliche Liaison des Prinzen und versucht mit allen Mitteln, sich selbst, die Verfassung und und die Monarchie vor jeglicher Veränderung zu bewahren. Mit seiner agilen Sekretärin Annie (Anna Magdalena Fitzi herrlich bösartig) kungelt er alle möglichen Widerwärtigkeiten aus, um der jungen, äußerst energischen Freundin von Prinz Arthur (Thomas Zug mit scheinbar unbeabsichtigter Ähnlichkeit zum realen Prinz Henry) Verbindungen zur terroristischen Szene nachzuweisen. Sein verkumpelter Partner aus der Opposition überlegt es sich dann doch anders, weil ja letztendlich Macht und Wohlstand nur dem winken, der das Ruder in der Hand hält, und handelt nun mit dem Prinzen und dessen Gefährtin einen Deal aus. 

Als Oppositionsführer Stephen Clarke spielt Steffen Laube einen smarten, schmeichelnden Intriganten, der allerdings von seinem Premier Nick Baily in Sachen Finesse noch einiges zu lernen hätte. Und dann taucht da noch ein zweiter Prinz auf, der trinkt und flucht und sich benimmt als ob er nie in einem kostspieligen Internat bessere Sitten gelernt hätte. Aber englische Internate werden hier ohnehin nur als Nester für Homosexualität angesehen. Johann Fohl agiert hier als der Wüterich Prinz Richard, der es nicht darauf angelegt hat, irgendwie und irgendjemandem zu gefallen. Ein Rebell wahrscheinlich bis zu seinem königlichen Alkoholikerende.

Der treue Staatsdiener Toby Frost (Harald Effenberg komisch-souverän) muß, (weil er auf eben solch einem Internat war wie übrigens auch der Oppositionsführer!) daher homosexuell sein, sich Beleidigungen und Erniedrigungen gefallen lassen und zudem noch als denunzierender Guy agieren. Da taucht in dieser wundersamen Clique noch der Erzbischof von Canterbury auf, der mit Georg Tryphon schauspielerisch beinahe englisch korrekt besetzt ist, aber als eine politische Schlafmütze im priesterlichen Outfit agieren muss, der schon die rechte Zeitmoral besitzt, aber letztendlich doch auch nur an die Machterweiterung seiner Kirche denkt.

Nun könnte man daraus natürlich eine gute Komödie schneidern und vielleicht auch eine gelungene Inszenierung ( wie etwa “Feelgood” von demselben Autor seinerzeit im Theater am Kurfürstendamm!). Denn so rauh, so unbeholfen, so wenig fein geschnitten kann die Vorlage gar nicht sein, wie die deutsche Version sie anbietet. Dazu eine – neuerlich erlaubte – Verunglimpfung des Christentums, dem der Islam als weltoffene Religion gegenübergestellt wird. Machtgelüste, Intrigen, Intoleranz stehen hier doch zu stark auf der einen Seite, und der Islam überzeugt mit der sehr harschen Persönlichkeit seiner ebenso machtbewußten Vertreterin Nasreen (Atina Tabieri Razligh trägt Kopftuch und hat bereits die Hosen an!) nicht gerade als segensreiche Alternative zur abendländischen Kultur. A.C.

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