Kroll’s Etablissement

von Barbara Abend
Theater im Palais

Amüsement à la Kroll

Es scheint beinahe unmöglich, dieses Thema – Aufbau, Vernichtung, Neuanfang und wiederum ein Aus für die Kroll Oper aus alten Berliner Tagen – so zu beschreiben, dass der Spaß den Vorrang hat, mit dem die drei blendend aufeinander eingespielten Darsteller die Vergangenheit als bizarre und bunt gefächerte historische Landschaft Revue passieren lassen, in der die Worte Kapriolen schlagen, die Sprache perlt und alle Schwermut, die bei dieser Rückschau aufkommen könnte, mit heiteren Apercus gewürzt und mit allerlei musikalischen Köstlichkeiten herzlich präsentiert wird.

Sie ist eine eine urechte alte Berliner Geschichte, die von Kroll’s Etablissement, für das der findige Geschäftsmann und gewiefte Unternehmer Joseph Kroll 1843 mit den Architekten Langhans und Knoblauch und dem Wohlwollen Friedrich Wilhelm IV. den Grundstein legte. Der König allerdings gab nur den Segen und das Grundstück. Alles andere musste Kroll selbst erschaffen: und wie er das machte! Bis zu 5000 Gäste fasste das palastartige Gebäude mit drei riesige Sälen, 13 Logen und weiteren 14 Zimmer für kleine Gesellschaften.

Und wie die Berliner halt so sind und immer schon waren: Sie begleiteten alle Neuerungen mit köstlichem Spottversen, Moritaten und Spruchweisheiten, vor allem aber liebten sie Vergnügen und Abwechslung über alles. Doch wehe, die Sensationen erschöpften sich! Dann musste Kroll schnell Neues zaubern, um die sensationshungrigen Gäste zufrieden zu stellen, und wenn nicht ständig neue Attraktionen auf den Tisch kam, schmollten sie, und die Einnahmen des Hauses gingen darob rapide zurück. Und die Berliner taten damals mit Freude, was sie auch heutzutage überaus liebend tun: sie meckerten und kritisierten ohne Scheu und Unterlass! 

Die ganze große Geschichte über ein ganzes Jahrhundert hinweg (1951 wurden die letzten Reste der Krolloper abgerissen, während zum selbem Jahr das Schloss im anderen Teil Belins der Abrissbirne zum Opfer fiel!) hat Barbara Abend unterhaltsam und mit Humor dramaturgisch aufgearbeitet. Sie beginnt mit dem Ende und führt zurück zum Anfang – zwischendrin viel Heiteres, denn die Marotten der Menschen, vor allem die der Herrschenden und der sturen Kulturbürokratie schlugen zu allen Zeiten Kapriolen, und nur zähe und gewitzte Berliner wie Kroll und später auch seine Tochter Auguste und ihr Ehemann, der Kapellmeister J.C. Engel, konnten den Finten der strammen Gesetzesvertreter immer wieder ein Schnippchen schlagen…
Doch auch die schweren Zeiten werden gestreift, Wirtschaftkrisen, Aktienverluste, Weimarer Wirrwarr, Kriege und braune Diktatur erscheinen düster am ansonsten leuchtenden Abendhimmel dieser Berlin-Retrospektive, die das Schicksal der berühmten Krolloper mit dem seiner Stadt auf Engste verknüpft. Aber, wie auch die Menschen die schlechten Zeiten in ihrer Erinnerung größtenteils gestrichen haben, so zeichnet auch die Geschichte ihr eigenes Bild.
Ebenso forsch wie kapriziös sprintet Gabriele Streichhahn mit typischem Berliner-Göre-Flair Seite an Seite mit Bogadtke und Spengler durch die alten Zeiten. Sprache wird zum artistischen Spiel, Melodien von damals verwandeln sich in köstliche Persiflage – Zar und Zimmermann und die Fledermaus geben sich ein Stelldichein bei Kroll, und mit immer neuen Zaubertricks tauchen vielfarbige Erinnerungen an die Oberfläche, die sich zu einem putzmunteren musikalischen Potpourri einander reihen.
Lebensmut, Zähigkeit, Unternehmungslust, und immer mit dem Kopf über Wasser – das sind Eigenschaften, denen nicht nur die Krolloper ihre Existenz und ihre lange Lebensdauer verdankte, sondern die in schweren Zeiten auch die berühmten Kabarettisten “Die Insulaner” ihren Berlinern attestierten. Eines stimmt davon auch heute noch mit Sicherheit: Sie wollen sich immer noch liebend gerne amüsieren! Und das garantiert dieser Abend, den Ute Falkenau mit gewohnt bescheidener Souveränität begleitet! A.C.

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