La Fiamma, B

von Ottorino Respigi, Oper in drei Akten
Libretto von Claudio Guastalla, basierend auf Hans  Wiers-Jenssens Theaterstück “Anne Pedersdotter”
Uraufführung 1934 am Teatro Reale dell’Opera in Rom
Deutsche Oper Berlin, Premiere am 29.9.2024
mit Olesya Golonevna, Georgy Vasilev, Ivan Inverardi, Martina Serafin, Doris Soffel, Sue Jo u.a.

Inszenierung Christof Loy, Musikalische Leitung Carlo Rozzii; Chöre und Orchester der Deutschen Oper Berlin

Im Namen von Volk und Kirche

Es ist unheimlich in diesem Ravenna des 7. Jahrhunderts. Missliebige Frauen werden als Hexen diffamiert und mit schier höllischer Inbrunst dem Scheiterhaufen übergeben. Patriarchen hängen noch im Greisenalter an der Mutterbrust und Enkelsöhne vergreifen sich flugs an Dienstmädchen und schieben gar Liebe vor, wenn es sich um die junge Stiefmutter handelt. Zugegeben, die ist todunglücklich in diesem leblos hölzernen Haushalt, wo die Mägde zwar fröhlich kichern, das heißt, entzückend singen, wenn die eiserne Hauslady abseits ist, die Schwiegertochter aber, mit einem ungeliebten Mann verheiratet, nur verzagt vor sich hinsinkt bis sie endlich ihrer Dienerin und Freundin Monika am Ende des ersten schauerlichen Aktes ihr Leid in höchsten Tönen klagt. Zuvor hat man nämlich ihre Mutter, eine sicher geheimnisvolle Frau (Doris Soffel als dunkelstimmige aparte Außenseiterin), die wahrsagen konnte und ihre Tochter dem Exachen verkaufen mußte, verbrannt, was  ihre  Silvana allerdings erst am Ende der Oper erfährt und sie damit vollends niederschmettern wird.

Es wird toll gesungen, zuweilen sogar so heftig, dass man die nicht vorhandenen Scheiben klirren hört wie bei Oscar Mazerath, nur weitaus vollkehliger.

Denn die Musik Ottorino Resphighis celebriert 1934 ein Spektakel voller Glut und Ingrimm auf eine Gesellschaft, die sich verführen läßt von s absolutistischer Macht, hier abstrakt vorhanden durch die Kaiserin in Byzanz, die ihre Befehlsgewalt bis in das Haus in Ravenna ausübt, explizit auf den Enkel Donello, des Stadtoberhauptes Basilio. Und somit ist die Assoziation, vorsichtig angedeutet in einem gellenden Aufschrei des inbrünstig agierenden Chor-Volkes, das nach einem imaginären (und schwachen) König alias Victor Emanuel III ruft, der den noch nicht ganz zu Hitler übergelaufenen Mussolini die Nation übergeben musste, auch offensichtlich.

Resphigi komponierte, nach dem genialen Puccini auf der Suche nach einem neuen Kompositionsstil, blieb aber sowohl in langatmigen expressiven Arien im Traditionellen noch verhaftet wie auch schon zeitgenösisch auf  Wagner und Strauss in seinen äußerst expressiv, breit angelegten Partien zugehen, die dem Sprachlichen den Vorrang geben. Seine religiösen Chöre haben keine Beziehung zu Verdi, sondern sind eher russischer Natur, so wie auch die urgewaltige Liebesszene an Dimitrj Schostakovitsch’ „Lady Macbeth von Mzensk“ erinnert. Und damit ist auch der Schwierigkeitsgrad für die Sängerinnen und Sänger vorgeben, die wahre stimmliche Artistik  leisten müssen vor allem Olesya Golonevna’s Silvana, die den intensivsten Part als gedemütigte Schwiegertochter benutzte Gattin wider Willen und  ihre Erlösung durch die Liebe zum „Stiefsohn“ , beide gleichermaßen verschlingend ausbreitet. Und das in erschütternder, letztendlich auch kaum erträglicher schmerzlicher Intensität, Martina Serafin darf als bösartige Herrin des Hauses ihre große Stimme  von oben herab auf die Kreaturen unter sich schleudern, in bösartiger Glut, fantastisch!

Regisseur Christof Loy hat seinen Stil an opulenten Opern aus den 30er Jahren fortgesetzt, das heißt, eigentlich spartanisch im Bühnenbild, streng in der Kostümierung (schwarz-weiß als vorherrschender Modeschrei) und in der Abfolge klar und hör-und sichtbar ein Personentheater aufgestellt. Nun haben die Menschen hier auch wenig innere Wärme, um einander zu begegnen, sondern alle sind immerfort in Kampfbereitschaft. Selbst die Liebe hört und sieht sich an wie ein Duell auf Sieg oder Niederlage getrimmt. Und am Ende ist sie es ja auch, denn nachdem Solvana ihrem angekauften und ungeliebten Gatten ihren seelischen Zustand offenbart hat, der ihr wiederum die Mutter als verbrannte Hexe erstmalig vor die Füße schleudert mit deren entsetzlicher Prophezeiung, sie, die Tochter werde genau so enden wie ihre Mutter… erleidet der wohl überforderte Hausherr flugs einem tödlichen Herzinfarkt. Obwohl Solvana unschuldig ist, fühlt sie doch durch ihre verbalen Angriffe, die sie erbarmungslos auf den Mann geschleudert hat (und Ihre aus Eifersucht angeordnete Verbannung der Freundin Monika), schuldig und kann im folgenden Hexenprozess ihre Unschuld nicht am Kreuz Christi beschwören.  Das Volk schwenkt von eben noch beschworenem Wohlwollen schnell auf Hasstiraden um, und auch der Liebhaber kehrt ihr den Rücken. Ende schlimm, alles wie am Anfang.

Viel Beifall für die großartigen Sängerinnen und Sänger, weniger vielleicht für die Inszenierung, Kostüme und Bühnenbild.  A.C.

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