Vögel, HB

von Wajdi Mouawad
Theater am Goetheplatz, Bremen, 2019

Regie Alize Zandwijk, Bühne Thomas Rupert, Kostüme Sophie Klenk – Wulff, Licht Tim Schulten, Musik Maartje Teussink, Dramaturgie Viktorie Knotková
mit: Wahida, Deniz Orta,
Eitan Zimmermann: Emil Borgeest, David, sein Vater Guido Gallmann, Norah, seine Mutter Susanne Schrader. Etgar, sein Großvater Martin Baum, Leah Kimhi, seine Großmutter Verena Reichhardt, Rabbiner, Hasan al-Wazzan Yahya Gaier. Eden, eine Soldatin Karin Enzler, Krankenschwester Manuela Fischer

Wenn die Vergangenheit es anders meint

 New York. Zwei Menschen begegnen sich in einer Bibliothek. Eine unwahrscheinliche Begegnung, eine sofort entfachte Liebe, wie vorherbestimmt, so scheint es. Fesselnd und mitreißend in ihrer magischen Intensität. Für Wahida, eine amerikanische Islamwissenschaftlerin, und Eitan, einen deutschen Genforscher, beginnt eine unbeschwerte, freie und glückliche Zukunft. Welche Rolle spielt schon die Herkunft heute? Doch Eitans jüdische Familie lehnt seine arabischstämmige Freundin radikal ab. Unerklärlich findet Eitan die Reaktion seiner Eltern und macht sich mit Wahida auf, dem Verschwiegenen nachzuspüren. In Israel entdecken sie das Familiengeheimnis und werden mit der schwerwiegenden Frage nach der eigenen Identität und Zugehörigkeit konfrontiert. Ihre Liebe steht nun nicht mehr allein in der Welt, stellt sich plötzlich dar als eine Größe zwischen Familie, Geschichte, Politik und der Frage, wie viel Wahrheit sein muss und ob Wahrheit gleichzeitig Wahrhaftigkeit ist. Und wieviel von allem hält eine Beziehung aus…
Das Ganze ist dramatisch hoch explosiv, gewinnt zunehmend an individueller Tragik, löst sich aber   nicht vom politischen Erbe von Schuld und Verstrickung. Das Ambiente ist intellektuell high-level, die Protagonisten zeigen sich zunächst liberal, verständnisbereit und überbetont, um dann umso tiefer unter ihre psychische Belastbarkeit zu fallen. Die Verletzlichkeit ist augenscheinlich sehr viel höher als der Grad ihrer intellektuellen Distanz und ihrer gesellschaftlichen Selbstbehauptung. So endet es, wie vorherzusehen, in einer Katastrophe!  Der Autor macht es dem Leser bzw. Zuschauer nicht leicht, greift emotional an, wo man sich nicht wehren kann; also Vorsicht, wenn er in einem Programm auftaucht. A.C.

 

 

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