Die Italienerin in Algier, HB

eine komische Oper von Giochino Rossini, Libretto von Angelo Anelli, Uraufführung 1813 im Theatro San Benedetto
Theater am Wall (Goetheplatz), Bremen, 2021
Musikalische Leitung: Alice Meregaglia, Regie: Josef Zschornack, Dramaturgie: Brigitte Heusinger; Bühne: Carla Maria Ringleb, Kostüme: Kristin Herrmann, Licht: Peter Schmidt
mit: Stephen Clark, Albert Gallo, Hyojong Kim, Nathalie Mittelbach, Miriam Murgulia, Nerita Pokvytyte, Diego Savini, Bremner Philharmoniker, Herrenchor des Theater Bremen

Macho ist out – die Amseln zwitschern es vom Dach

Ein Sommerabendtraum, ein musikalisches Gute-Laune-im-Grünen-Potpourri- und, ob es an der langen Opernpause liegt oder wirklich so ist: die Töne klingen inmitten der grünen Kulisse noch schöner, noch rasanter, noch zärtlicher und hingebungsvoller als im geschlossenen Raum eines Theaters.

Dass die Handlung wohl auch von den Erfindern für diese kleine Opera ebenso in bester Stimmung  und wie beinahe überflüssig erdacht ist, versteht sich schnell bei dem abstrusen Durcheinander: Da ist der schöne Mustafa (Stephen Clark, der modulationsstark seinen schönen Bass-Bariton beeindruckt) , als Bey von Algier, der seiner Ehefrau Elvira (Mariam Murgulia) überdrüssig geworden ist und sie an seinen Sklaven Lindoro verhökern will. Dass dieser aber seiner Braut Isabella in Italien treu ist und daher fliehen will, ergibt sich irgendwie. Vorerst jedoch will weder dieser trotzige Tenor eine andere, noch die tobende Elvira ihren blöden Mann, dem sie ihre Abneidung sozusagen als Amsel vom Dach energisch entgegenschmettert, begleitet von ihrer übereinstimmenden Kammerfrau. Mustafa tobt ob des Ungehorsams seiner beiden Sklaven-innen! und hat einzig und allein noch den Getreuen Tadeo bei sich, der bei diesem Superkampf der Geschlechter um die Vorherrschaft ziemlich ernst bleiben muß, um das männliche Ansehen nicht gänzlich zu verspielen. Zur Seite steht ihm ein nicht immer spottender tiefgrundiger Männerchor zur Seite.

Aber während Mustafa grollt, die Frauen auf dem Dach sich an der Wut ihres Herrn vergnügen, rauscht eine schöne Fremde durch den Park direkt auf die Bühne, singt und sagt so Einiges, was zur allgemeinen Verunsicherung beiträgt. Aber die Italienerin ist nach Algier gereist, um ihren verschollenen Verlobten Lindoro zu suchen, der treu, stark und standhaft ist. Das könnte nun eine pure Freude sein, aber Mustafa hat jäh sein Herz für die temperamentvolle Isabella entdeckt und wirbt galant um die Schöne, während diese sich im Bündnis mit den beiden anderen Damen und in gefälliger Übereinstimmung mit den Orchester einen Heidenspaß daraus macht, den balzenden Bey zu veralbern und zu blamieren – mit dem berühmt irrwitzigen Schabernack voller Lautmalereien und sinnlosem ding-ding, tick-tack, kra-kra, bum-bum – so viele Pizzicati, das man ganz wirr im Kopf wird und den Musikern ein großes Bravissimo zurufen möchte… Und dann dagegen oder als Ergänzung diese wunderbaren Arien von Nathalie Mittelbach als Isabella, deren schöne  klare Altstimme sich harmonisch mit dem zärtlichen Tenor von Hyojong Kim in der Sommeratmosphäre verbindet.

Oper auf der Wallbühne, das könnte auch in Zukunft für das Theater eine lokale Erweitertung und Bereicherung sein. A.C.

 

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