Eine Frau, die weiß, was sie will! B

Musikalische Komödie in zwei Akten von Oscar Strauss (1932)
Text von Alfred Grünwald nach Louis Verneuil

Komische Oper Berlin,  März 2024, Wiederaufnahme

Musikalische Leitung Adam Benzwi, Inszenierung Barrie Kosky, Spielleitung Sophie Friedrichs, Kostüme Katrin Kath-Bösel, Dramaturgie Pavel B.Jiracek, Licht Diego Leetz

mit:  Dagmar Manzel und Max Hopp in 21 Rollen
Es spielt das Orchester der Komischen Oper

Wiener Charme mit Berliner Witz

Keine Operette, kein Kabarett, kein Musical – was ist es dann? Zum ersten ein flotter, lebendiger Abend, an dem zwei Schauspieler zeigen, was sie an Talenten so in der Tasche haben. Und das ist so allerlei: sich in 21 Rollen blitzschnell  mit Hilfe weniger Requisiten zu verwandeln, mit faszinierender stimmlicher Bandbreite und mimischer Komik, mit allen Facetten und Tricks vertraut, da könnte man auch titeln: Burleskes Kammerspiel auf großer Bühne.

Das war nicht immer so. Zu Zeiten des Komponisten und der in den 30erJahren wohl berühmtesten Chansonette Fritzi Massary spielte man auf kleiner Bühne, wie dem sogenannten „Überbrettl“, zelebrierte leichte, auch humorvoll anzügliche Kunst, musikalisch   begleitet, geführt oder unterstützt. Musik diente dem Text, so dass die Schauspieler ihre Kost und Köstlichkeiten mit sprachlichem Witz, in schneller Situationskomik lautmalerisch servieren konnten.

Oscar Straus noch hielt sich jeder politischen Ambition fern, dafür nahm er aber eine sehr beliebte und sich verbreitende Entwicklung in seine charmante Walzerseligkeit auf: die Verselbständigung der Frau, die mit Finesse und Charme noch sich ihr Terrain eroberte und zu kämpfen verstand, wollte es ihr jemand streitig machen. Auf den Bühnen brillierten sie bereits, die – allerdings sehr begabten, vielseitig talentierten und ehrgeizigen Künstlerinnen jener Zeit.

Man bediente sich bei der Orientierung zum einen der frühen amerikanischen Musical Comedy wie bei den Marx Brothers, als auch Elementen des französischen Vaudeville, etwa wie Feydaux sie mit Wahnwitz garniert, wo alle Szenen, vergleichbar vielleicht einer turbulent angesetzten Show mit Slapstick-Effekten, oder auch so tiefschürfend hintergründig wie etwa bei Beckets „Warten auf Godot“ ausgearbeitet sind.

Wer diese Inszenierung bereits angesehen oder den Abend noch in Aussicht hat, wird schnell feststellen, dass beide Beispiele – sowohl das der Marx Brothers als auch „Warten auf Godot“ zum Gutteil  auch hier bei Straus versteckt sind. Da ist Dagmar Manzel nicht nur als verehrte und begehrte Schauspielerin  Manon Cavallin  elegant, selbstbewusst und betörend, eine Grand Dame, die ihre fein  gesponnenen Fäden um ihre betrübt-verliebte Tochter und alle in sie buhlenden Herren der feinen Gesellschaft webt, sondern sie schlüpft auch zugleich in deren Rollen, verwandelt sich in kleine gebeugte  Männchen, ein bisschen lächerlich durften die alten Herren und Liebhaber der Bühne jener Zeit schon sein, aber sie mimt auch gleichsam souverän den Part der eigenen Tochter oder den ihrer beider Schwarm, des smarten Tennischampion, und ja, sogar in Hälften aufgeteilt, wie das manchmal so vorkommt, dass man zweigeteilt ist!

Max Hopp tut das Gleiche. Auch er spielt die große Dame perfekt, den Mann mit würdevollen Schwächen oder die Teenie – Tochter, die nicht recht weiß, was von all dem Wirrwarr zu halten ist. Dabei werden auch Puppen lebendig, die hinter der Bühne mitspielen oder auch schon mal per Hand geführt werden; da sind die vielen Liebhaber der schönen Manon, die wie bei „Dinner for One“ von Max Hopp in Windeseile urkomisch mit den zu ihrem Charakter passend ausgewählten Blumenbuketts auftauchen, leicht verwandelt und doch in ihrer Fasson ein jeder als individuell zu belächelnde Figur. Das muss man erst einmal können! Und dann die smarten Songs, die längst zum Repertoire vieler neuer Inszenierungen der 20er und 30er Jahre gehören:

„Ich will ein Chanson für den ersten Akt, und dann ein Chanson für den zweiten Akt, Und dann ein Chanson  und noch ein Chanson und noch einen Walzer für den dritten Akt, mit wallenden Federn im zweiten Akt. Und drei Toiletten im dritten Akt. Und im vierten Akt… da komme ich nackt.“

Gelungen! Stürmischer Applaus für Alle! A.C.

 

 

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