Die Hochzeitsreise

von Noel Coward
Komödie am Kurfürstendamm

Regie: Herbert Herrmann,Co-Regie: Martin Woelffer, Bühne: Anja Wegener, Kostüme: N&H
mit: Amanda Pryn, Galeristin: Nora von Collande; Victor Pryn, Modefotograf: Patrick Bach; Sybil Chase, Pianistin: Johanna Mildner; Elyot Chase, Immobilie? Spieler?: Herbert Herrmann

Nach den Küssen fliegen die Kissen

Das ist ein Abend für alle Leute, die sich reinweg amüsieren, lachen, freuen möchten über ihre TV-Publikumslieblinge, die sich in regelmäßigen Abständen auf den Ku’damm-Bühnen tummeln und sich so wohl fühlen, weil sie hier zuhausesind; Sie lieben ihr Publikum mit ebensolcher Inbrunst wie dieses sie, und unternehmen mit erprobter Nonchalance in einer herrlich über Kreuz gesponnenen Komödie einen niemals ermüdenden Tripp durch die seltsamsten Beziehungsvariationen unserer Zeit. Dabei ist Noel Coward ein geistreicher, witziger Autor, der brillant mit Worten zu spielen versteht, Bonmonts wie Perlen an einer Schnur aneinanderreiht und dabei geschickt ein Netz webt, in dem sich letztlich alle exaltierten Charaktere verfangen, und sich die Konstellationen so bilden, wie sie eigentlich sein sollten.

Da ist also die unnachahmliche Nora von Collande, der die Rolle der entzückend durchtriebenen Amanda so maßgerecht auf ihre Person zurechtgeschneidert ist, dass man sich über diese exaltierte, charmante, gewieft naive und überaus attraktive Galeristin einfach freuen muss. Und man muss ihre geschickten Schachzüge neidlos anerkennen, mit denen sie den geliebten und gehassten Ex-Ehemann wieder erneut zu bezirzen und zu bezwingen versucht. Was ihr natürlich nicht gelingt, denn es müsste schon ein gänzlich anderer Partner als Herbert Herrmann sein, der voller Schalk, elegant, lässig und absolut cool jeden Hieb zu parieren versteht – allerdings ist es dann auch schon wieder mit der Harmonie vorbei, und die Beiden streiten und kämpfen wie vor ihrer Scheidung miteinander, dass nach den Küssen nun die Kissen fliegen. Alles nur aus Liebe versteht sich. Und sie sind sich so ähnlich!

Die Regie und die Chemie, die in dieser Inszenierung eine prächtige Verbindung eingehen, lassen dem Spiel und den Spielern freien Lauf. Scheinbar mühelos wird jede Pointe pariert, die verquere Paarkonstellation im Blitztempo vorangetrieben. Man ahnt natürlich, wie alles enden wird, nur, letztlich bleibt doch die Frage, wie löst denn nun das junge Paar die beleidigende Zurücksetzung und recht frühe Beendigung ihrer Flitterwochen? Denn da gibt es ja – zu Beginn jedenfalls – eine neue Verbindung zwischen recht ungleichen Partnern: der quirlige, unernste Elyot hat sich die redliche und wohlerzogene junge Sybil ausgesucht, der die entzückende Johanna Mildner bereits eine gute Portion weibliche List verleiht, und Patrick Bach läßt als Victor Pryn keinen Zweifel daran, dass er sich von seiner frisch angetrauten Amanda nicht an der Nase herumführen läßt. Doch leider sind seine Möglichkeiten ziemlich begrenzt, und der Autor hat ihm nicht mehr zugebilligt als ein aufbegehrender Möchte-Gern-Macho zu sein. Das allerdings läßt der Schauspieler Bach nicht auf sich beruhen und verändert den Typ zum brummigen Western-Helden, der mit dumpfer Heiserkeit gegen die verlorene Braut und deren verrückten Liebhaber anwütet.

Wenn die Vier die strenge englische Teezeremonie der vornehmen Gesellschaft veralbern und die beiden jungen Leute scheinbar mit gleicher Kampfeslust übereinander herfallen, wie ihre älteren Vorbilder, so rutscht das Ganze dann doch gefährlich an die Tohowabohu-Grenze. Aber das macht nix. Der Spaß bleibt und kein Auge trocken. A.C.

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