Die Schneiderin

von und mit Gardi Hutter
Schlosspark Theater

Regie: Michael Vogel (Familie Flöz) s.auch “Klasse, Klasse” vom Theater Strahl

 

Ein Diamant am Clownshimmel

Sollte dies Gastspiel sich noch einmal nach Berlin oder sonstwohin verirren – so empfiehlt es sich allen jung gebliebenen, humorempfänglichen, spaßverrückten Schauspielfreunden, diesen ungewöhnlichsten aller Clowns – dazu noch weiblich! – anzuschauen – nein, zu erleben!

Denn was die Schweizer Schauspielerin, Kabarettistin, Kinderbuchautorin (“Mama mia”), vor allem aber Spaßmacherin unter der bewährten Regie des Künstlers Michael Vogel da so herzerfrischend, anrührend und phantastisch auf die Bühne zaubert, mit welcher Geschicklichkeit und Verwandlungskunst Gardi Hutter diese seltsame kleine Schneiderin in ihren plusterigen Klamotten, dem wirren weißen Haarschopf, der Knollennase und den überaus listig blitzenden Äuglein darstellt – das ist eine wahrhaft drollige Geschichte. Das ist bestes Figuren-Zaubertheater nach Art der Gruppe FLöz und wie es in Berlin die Hans-Busch-Hochschule als vielleicht anspruchvollste Ausbildung lehrt: Bühnenbild, Requisiten, Kostüme, Story, Schauspiel, Pantomime und Gesang in einer geistreichen Verpackung – der Inhalt komisch und traurig zugleich – gehören alles in ein Nähkästchen. Und aus dem holt die kleine Gardi wahrhaft Seltsames hervor. Eigentlich nur Requisiten wie Garnrollen, Schere und Nadel – jedoch überdimensioniert, versteht sich; aber da machen sich diese Kleinodien plötzlich selbstständig, führen ein gar inniges Eigenleben, mutieren zu Liebesleuten und Feinden; plappern aus Gardis Mund seltsame Kleinstkindlaute, zeigen Verwunschenes aus einer anderen Welt; Über der auf einem Podest thronenden Schneiderin schweben an Figurinen halbfertige und fertige Kleidungsstücke und erzählen ihre Geschichte und – die Sehnsüchte ihrer Schöpferin.  Ein krakelender gelber Vogel, dessen Geschnatter die drollige Schneiderin äußerst einfallsreich mit nur einem Wort zum Schweigen bringt, beteiligt sich überaus komisch an der munteren Plauderei.

Es sind so viele liebreizende kleine Gags und überraschende Momente, unglaubliche Wendungen in diesem scheinbaren Durcheinander clownesker Logik, dass man wünschte, die Geschichte wäre unendlich. Doch leider hat auch das größte Vergnügen ein Ende, eigentlich sogar ein recht trauriges; denn die arme Gardi fällt leider in den übergroßen Spulentopf und sticht sich mit der Schere in den Kopf – da lauert schon der flatternde Engel im dumpfen Spiegelbild und will ihre Seele ins Jenseits holen – aber nicht mit Gardi -, die weiß sogar, wie man den Tod vorübergehend überlistet, und als sie sich dann doch verabschieden muss, geschieht dies wiederum mit heiterer Würde und nicht endenwollendem Beifall des begeisterten Publikums.

Auf Wiedersehen, Frau Hutter!

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