Author Archives: A. Cromme

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Francesca da Rimini, B

Es sind also drei Brüder, die die Frau lieben und das Unglück vorprogrammierten. Alle Szenen bis auf das Schlachtgetümmel und den Mord an dem Gefangenen, sind sehr zurückhaltend choreografiert – aber auch und vor allem in der behutsamen und ängstlichen Liebesannäherung. In der unerfüllten Sehnsucht und Leidenschaft begegnet sich das Paar mit nur sehr vorsichtigen körperlich behutsamen wie zärtlichen Berührungen; Sie wissen, dass ihre Liebe unmöglich ist, solange der eifersüchtige Ehemann gegenwärtig ist. Es bedarf langer Jahre des Leidens bis sie den Mut haben oder auch nicht mehr in der Lage sind, ihre Liebe länger zurückzuhalten. Alle Gefühle, alle Handlungen sind in einen ungewöhnlich poetischen Text gefasst, der die Liebe in blumige Weisen verwandelt und die Natur für eine Sprache der Zärtlichkeit und Schönheit zu formen versteht. Für Francesca, die “zwischen Gewaltfantasien und Rosen“ (Christof Loy) leidet, zwischen endgültiger Aufgabe ihres Widerstandes und Hingabe zu einer Liebe, die sich mehr geahnten als bewussten Konsequenzen der grausamen Männerwelt aussetzt, ist das eine schwankende emotionale Gratwanderung.

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Das schlaue Füchslein, OL

Eine rundum entzückende Aufführung mit ganz reizenden behänden Füchsen, mit gleißenden Sopranen (aber wie singen denn eigentlich Füchse präsentiert eine phantasiereiche und kunstvolle Inszenierung, voller tänzerischer Anmut choreografiert und bühnentechnisch geschickt austariert und ausgeleuchtet , einem spielerisch hingebungsvollen Ensemble, das dem minimierten Sprechgesang inhaltliche Transparent gibt und einem Sängerpotential, das der hohen Anforderung der märchenhaft-romantischen Erzählung humorvoll und spritzig eine gültige Realität verleiht. Ein beglückendes Erlebnis mit einem Orchester, das ein farbiges und nuanciertes Spiel – zwischen einer ihren natürlichen Gesetzen folgenden Tierwelt und menschlicher Melancholie und Orientierungslosigkeit – voller Lebensklugheit und Sinngebung kraftvoll begleitet. A.C.

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La Traviata, OL

Die „Ausgestoßene, La Traviata“, ist eine todkranke Kurtisane, die ihr leichtlebiges Dasein mit einer ernsthaften, wenn auch nur kurzlebigen Liaison vertauschen darf. Luis Olivares Sandoval schenkt uns einen hingebungs- und verständnisvollen Liebhaber, dem sein wohl auch beinahe etwas naives jugendliches Gemüt allerdings einen schweren Strich durch das Leben macht, als er Violetta zurück in ihrem alten Milleu finden muss. Natürlich weiß der arme Alfredo nichts von der Intervention des Vaters, der für die Schicklichkeit und Akzeptanz seiner Familie einen Verzicht Violettas auf die Verbindung mit seinem Sohn Alfredo gefordert hat. Das er in unerträglich jämmerlicher und spießiger Art noch Violetta blendet, indem mit Gottes Geboten ihr brutal ins Herz sticht, ist ein harter Affront des Dichters gegen die damalige heuchlerische Gesellschaft! Auch diese Szene findet wieder im unangenehmen Ambiente des Anfangs statt, was erneut eine Irritation zwischen der visuellen mit der musikalischen Kongruenz ergibt. Es fehlt an Glanz und frischen Einfällen für das ewige Opern -Thema: Liebe und Tod.

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Jesus Christ Superstar, B

…Es sei aber doch eine Rock Oper, sagte der Intendant, Wir müssen spielen und tanzen und toben und ein wahnsinniges Drive auf die Bühne bringen und wir brauchen Stimmen, die dagegen ansingen können. Hast Du die? Haben wir, sagte Jesus. „Meine Person wird von Ryan Vona gesungen, ein Kraftvolumen, das gegen jede Rockband durchbricht. Und der Judas von Ryan Shaw, ein Berserker von Mann mit einer ebensolchen Stimmgewalt. Er spielt sich die Seele aus dem Leib. Ich garantier es Dir. Und Maria? Wir nehmen eine zarte, liebevolle exotische Sängerin, die so einfühlsam singen kann, dass sie selbst Jesus einlullt“. Noch hat der Theaterchef leichte Zweifel, ob alle Künstler und Darsteller zur Verfügung stehen, wie man das Budget auffrischen kann und die vielen Castings in aller Welt durchführen kann. Aber er wird Maria Magdalena, die einzige von seinen Jüngern, die ihn vielleicht wirklich liebt, mit Ilay Bal Arslan besetzen können. Sie ist wunderbar…

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Bad Kingdom, B

Es geht vorwiegend um zerbrochene Illusionen, vereinsamte Menschen, die sich nicht lieben und nicht trennen können, es geht um Paare verschiedener Konstellationen. Es geht um Egoismus und Anspruchshaltung, um Lethargie und fehlende Empathie. es geht um das Leben an sich, um Männer und Frauen der Moderne. Szenenbilder, in denen sich „71 Fragmente der Einsamkeit“ entfalten sollen, versprechen einen langen mühevollen Theaterabend, der bereits in der Pause einige Konsequenzen zeigt, nämlich große Betroffenheit unter vielen Zuschauerinnen, die sich enttäuscht der weiteren Handlung verweigern. Für die Wackeren, die durchhalten, gibt es sogar noch einige schauspielerische Bonbons, so mit Jule Böwe als coole Redakteurin des Films, an dem der Regisseur genervt arbeitet, unübertroffen in ihrer aufreizend stoischen Präsenz, indem sie Konflikte sarkastisch auf den Punkt bringt, zugleich die ermüdende Selbstdarstellung der Gesellschaft entlarvend und entwaffend.

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Der Fall McNeal, B

Eigentlich ist dieser Jacob McNeal ein armer Tropf – trotz literarischer Meriten und nun gar auch noch Nobelpreisträger – denn als arroganter, von allen Menschen um ihn herum als sarkastisch und egozentrisch verschriener Alkoholiker kann Ulrich Matthes einfach kein Monster sein. Hier irrt der Regisseur, der sich nicht nach der rigiden Wut des amerikanischen Superautors richtet, sondern Matthes inmitten einer ebenso theatralischen auf sich bezogenen Umgebung auf die schwere Ausformung eines übersensiblen Schrifttellers einerseits und eines schon fast dem Tode geweihten Suchtkranken ansetzt.
In einem Gespräch anschließend mit dem zur Zeit in Berlin weilenden Autor geht es – ausschließlich in amerikanischem Englisch – leider nicht um die Inszenierung, sondern vorwiegend, wie meistens, um die Person des Autors, aber auch um die Endlichkeit der KI: sie wird vieles kopieren, ersetzen, und erledigen können. Aber sie stößt noch immer an ihre Grenzen, wenn es darum geht, menschliche Gefühle und Gedanken zu erfassen und aufzugreifen. Gott sei Dank!

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