Category Archives: Neue Inszenierungen

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Vanya, B

Oliver Mommsen gibt allen ihre Individualität, formt ihre Persönlichkeit aus wenigen Worten und Gesprächen, durchleuchtet ihr Schicksal, ohne zu urteilen. Keiner ist lächerlich, alle hinderte eine eigentümliche Entschlussfähigkeit und innere Migration daran, ein neues Leben zu wagen, das Vanya in jahrzehntelanger Selbstaufopferung für den von ihm blind verehrten Schwager Alexander, (der in erster Ehe mit Vanyas Schwester, Sonjas Mutter, verheiratet war) vergeudete. In einer verzweifelten großen Aufbegehren brechen alle Enttäuschung, alle Wut, alle Sehnsucht und verlorene Lebensfreude aus ihm heraus, als der Schwager der Familie einen ungeheuren Vorschlag unterbreitet, dessen Ausführung ihm weiterhin ein nobles Leben bescheren, alle anderen aber brot- und heimatlos machen würde. Da endlich, viel zu spät, wehrt sich der ohne Visionen zurückgelassene Vanya gegen ein Leben, das er nicht gewollt hat und das ihm seine Fähigkeiten, seinen Geist, seinen Besitz und sein Seele genommen hat.
Natürlich – riesige Ovationen für den beliebten Schauspieler, dessen Freunde und Verehrer ihn an allen Abenden feiern werden. A.C.

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Floating Spaces, Tanztage OL

Allerliebst und sehr einfühlsam choreografiert. Noch sind die Menschen außerhalb der strahlenden Aura der zierlichen Tänzerin durch ihre doppelten Masken gesichtslos bis endlich beide Seiten ihre Scheu verlieren und sich zu einer Gemeinschaft zusammenfinden. Natürlich jetzt folgt auch die Adoleszenz, in der sich wundervoll grazile und ausgefeilte Pas de Deux und Pas de Trois entfalten und weitere Paare uns in elegantester hoher Schule der Ballettkunst ihren Spiegel zeigen, in dem sich das Leben mit seinen zahlreichen Möglichkeiten zeigt. Musikalisch wird mit Klavier und E-Gitarre die Olivaer Orgel -Tabulatur aus dem 17.Jahrhundert neu interpretiert und durch raffinierte Toneffekte ergänzt, die durch Mikrofone an der Tänzerinnen erzeugt werden.

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Aterballetto,OL

Den Auftakt gestaltete die anspruchsvolle italienische Compagnie aus Bologna und Parma, die mit drei faszinierenden, völlig unterschiedlichen Choreografien überraschte und dem begeisterten Publikum ein Standing Ovation entlockte. Musikalisch variierend zwischen Gershwins berühmter “Rhapsodie in Blue” mit vermischten Stilrichtungen und eigenen kapriziösen tänzerisch-akrobatischen Variationen bleibt der Spannungsbogen gestrafft. Langsam lösen sich im ersten Bild aus der Gruppe , die dicht gedrängt vor einem riesigen weißen Mond verharrt, nach und nach in wirbelnde Körper und Konstellationen, vereinen sich paarweise oder in variierenden Bindungen zu unglaublich schnellen Interaktionenoder einem quirligen Paartanz, in dem die zierliche Partnerin wie eine Puppe durch die Luft gewirbelt wird, dann wieder wie eine übermütige Qualle ihre Tentakel um den elegant-parierenden Partner windet, und, neu befreit, erneut mit Lufttänzen spielt. Das ist schon beinahe so artistisch sowie weitere Konfigurationen, die sich vereinen, wieder isolieren, einander von neuem suchen, aber auch einen stummen Schrei das Entsetzen demonstrieren, da neben Liebe und Akzeptanz der Menschen zu- und für einander eben auch der Schmerz zum Leben gehört. Am Ende steht die Gruppe wieder geschlossen vor dem großen runden Mond. Nun ist er rot – nach einer durchtanzten Nacht?
Mit großer Energie entfalten sich die unzähligen Bildvariationen im modernen Stil populärer Musik von George Gershwin mit seiner melodisch-rhythmisch swingenden“ Rhapsody in Blue“ und der gebrochenen rauchigen Stimme von Bessie Jones.

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Echnaton, B

Ein Faszinosum nimmt seinen Anfang auf der plötzlich fremdartig verzauberten Bühne und wird drei Stunden lang eine beinah lähmende Obsession ausüben, der sich niemand entziehen kann. Eine Inszenierung in diesem Glass-typischen minimalistischen Orchesterarrangement , dessen atemberaubende Fähigkeit in der Übertragung einer hypnotisierenden Monotonie liegt, mit schrägen Variationen und lähmend betörenden Tiefenschleifen. Großer Applaus am Ende für Barrie Kosky, dessen phantastische Inszenierung sich mit der dynmamischen Orchesterleitung von Jonathan Stockhammer kongruent vereint – in den Zeremonien des Todes, der Gottverehrung und der Herrscherobsession.

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Romeo und Julia, OL

Das Werk erlebte einst seine glanzvolle sowjetische Premiere am 11. Januar 1940 in Leningrad mit Galina Ulanowa als Julia – jetzt wird das Traumpaar von Garance Vignes als feenhaft leichte Julia Capulet und Diego Urdangarin als zärtlich werbender Romeo Montague mit leidenschaftlicher Lebendigkeit und elegischer Hingabe getanzt: zwei Liebende aus miteinander in Fehde liegenden Familien Veronas, deren Söhne und Töchter nach altem Brauch verheiratet werden und sich nicht nach ihrer Wahl richten dürfen. Und dennoch den Feind lieben! Feind! Dass daraufhin eine Rauferei, elegant zwar wie unter jungen Leuten des Adels seinerzeit üblich, aber doch auch gnadenlos heftig, erfolgt,verleitet die Choreografen glücklicherweise zu immer wieder neuen Einfällen, Tanz- und Kampfformationen und natürlich , wie hier, zu hinreißenden Kostümen!.Dass dieses Traumpaar an einem widrigen Schicksal seit Shakespeares Zeiten dramatisch scheitert, ist nicht unabdingbar. Moderne Choreographen haben durchaus phantasievolle Alternativen wie jetzt auch Antoine Jully kreiert. Wunderschöön!

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