Category Archives: Regietheater

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Die Erfindung des Jazz im Donbass, HB

Es ist immer dasselbe Muster in den Inszenierungen von Armin Petras: Ein schwer durchschaubares Durch- und Miteinander einer Menge schlecht gekleideter Menschen, die sich irgendwann in Individualitäten verwandeln und sich in ihrem traurigen Dasein recht und schlecht arrangieren. Es bleibt sprachlich nur wenig in dieser Zusammenfassung eines sehr schönen Romans wirklich zurück: Es fehlt die Feinheit der Poesie, mit der der ukrainische Autor, der sein gebeuteltes Land liebevoll und voller Verständnis mit wunderbaren Metaphern beschreibt, die in dieser Theaterversion nicht aufgefangen werden können.

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Das Schiff der Träume, B

Die Welt der Sonderlinge, der Egozentriker, der Künstler par exzellance steht hier in kleiner Riege, aber gültig für die ganze Menschheit, in Clownskostümen und Masken auf der Bühne eines imaginären Dampfers, der sie mitten hinein in den Untergang steuert. Der Untergang, den Fellini demonstriert und die er mit seinen blinden wie tauben Protagonisten demaskiert, ist der erste Weltkrieg, der an Bord der illustren Künstlergesellschaft erst bemerkt wird, als der erste Kanonenschuss auf ihr Schiff trifft. Ein Narrenschiff, für das Sebastian Brants Satire aus einer Zeit des Epochenwandels Ende des 15. Jahrhunderts mag auch in der barocken Kostümierung Pate gestanden hat.

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All das Schöne, B

Felix Theissen weiß, wie man ein Publikum fesselt, wie man Ertrinkende retten könnte, wie man latente Traurigkeit aus den Angeln hebt, so wie sein Autor es hier nach den Regeln der “Sozialen Ansteckung” aufzeigt. Aber Duncan Macmillan, dessen Erfolgsstück drei Jahre lang beim Edinburgh Festival aufgeführt wurde und danach weltweit tourte, fand auch heraus, wie man diesem sogenannten “Werther Effekt” begegnen könne und gab seine Empfehlungen an die Medien weiter. Ein sehenswerte Darbietung, leicht und schön verpackt.

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Wald, OL

Ein hübsches kleines Kammerspiel zeigt uns, wie es ist, wenn sich das Verhältnis von Mensch und Natur jäh umkehrt: Dann spielt sich das Leben, vorerst nur auf der Bühne, zwischen geschrumpften Wohnblöcken ab oder auf auch Holzstümpfen, die teils zur standbildhaften Erhöhung eines Cäsar und Plinius beitragen, aber auch um das schnelle Wachstum der heimischen Baumarten zu veranschaulichen, die sogar alle Hochhäuser bereits überragen. Nebel steigt nicht nur malerisch, sondern auch als notwendiger Feuchtigkeitsversorger im Hintergrund auf, während ein Gärtner sein Wissen über die Millionen Jahre alte Vergangenheit der Evolution darlegt. Arg betroffen ist schon der arme Nachrichtensprecher, der die ungeheure Botschaft des sich in allen Städten der Erde ausbreitenden Grüns gar nicht mehr richtig formulieren kann, weil sich die Pflanzen nicht nur auf seinem Kröper ausbreiten, sondern ihm bereits auch schon den Mund verschließen!

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Brechts Gespenster, B

Zunächst führt Suse Wächter, brillant als Schauspielerin und Toneinflüsterin, auch gesanglich spitzenmäßig, den alten Brecht mit Zigarre im Mundwinkel über sich selber plaudern, vor das Publikum. Das tat er meistens und am liebsten, sich seiner Genialität durchaus bewusst. Aber vielleicht gab es doch noch Größere als Ihn? Denn nach und nach führt die Puppenspielerin, zuweilen auch mit Moritz Ilmer zusammen, die kleinen Größen der Historie ins Comeback und scheut sich nicht, Gott höchstpersönlich mit Marx in einen halbspaßigen Diskurs zu verwickeln, bei sich die beiden Wächter ihrer Glaubensgemeinschaften zuletzt sogar auf Russisch brüderlich umarmen und abschmatzen. Na, bei Gott ist eben alles denkbar. Ein irrwitziges Kaleidoskop von Geistern und Gespenstern aus alten Zeiten.

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Annette – ein Heldinnenepos,B

Diese Inszeneirung stellt uns das Leben einer ungewöhnlichen Frau, Ärztin, Widerstandskämpferin, Mutter und Geliebte, Idealistin, Kommunistin vor, die allen Schicksalsschlägen, allen Hindernissen und Enttäuschungen zum Trotz ihrem Idealen treubleibt. Auch als sie die Farce der kommunistischen Ideologie entlarvt hat, wird sie weiter für ihr eigenen Ideale, wie Gleichheit, Freiheit und Gerechtigkeit, Bildung und Gesundheit der unterdrückten Bevölkerung Algeriens kämpfen. Annette zahlt den Preis für ihre Berufung, und sie erhält sehr spät in ihrem 92jährigen Leben auch einen Preis, nämlich den der Israelischen Vad Vashem für ihren Mut um die Rettung jüdischer Mädchen vor den Nazis. Für ihren Kampf gegen die eigene Nation, in dem sie als Kurierin und Spionin für die Algerier ihr Leben riskiert, erhält sie eine 10jährige Haftstrafe und eine spätere Begnadigung, allerdings erst als Frankreich Algerien als eigene Nation anerkennt. Die drei Schauspielerinnen können die Entwicklung der Annette von der sehr jungen naiven und von Gerechtigkeitssinn angetriebenen Studentin, sowie der späteren, sehr bewußt aktiven kommunistischen Partisanin bis zu der erfahrenen und dennoch an ihren Idealen festhaltenden Frau als einer starken Persönlichkeit auch mit berührenden Momenten eine vitale Präsenz verleihen. A.C.

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