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Das flammende Herz

Für Vladimir Malakhov, Ballettdirektor und russischer Tanzmagnet, scheint es eine ganz besondere Herausforderung zu sein, die Charaktere großer Künstler wie Tschaikowsky, Caravaggio und nun auch Shelley in tänzerischer Psychologie zu verkörpern, sie mit so viel Eleganz und Grazie, so großer Feinfühligkeit darzustellen, dass man meinen möchte, er hat nun für sich eine neue künstlerische Herausforderung entdeckt. Und dass er nun die großen, hohen, weiten Sprünge, die Tanzakrobatik und die Dynamik weitgehend den jüngeren Tänzern überlässt, zeigt nicht nur Einsicht in die körperliche Endlichkeit, sondern vor allem pädagogischen und psychologischen Weitblick.
Shelley also hier auf der Bühne der alten Lindenoper: ein ästhetischer Hochgenuss – eine Brillanz der Darstellung, ein faszinierend flirrendes Spiel der großen Tanzkunst, aber auch ein ausdrucksstarkes Gemütsdrama, das in Episoden die Begegnungen des Dichters mit den jeweils neuen Musen zeigt.

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Das 13. Kapitel

Es geht Walser immer und so auch in diesem Buch “Das 13. Kapitel” vor allem um sich selbst, um eigene Gedanken, ihre Widersprüchlichkeiten, seine Auseinandersetzung mit dem großen Theologen Karl Barth, mit anderen Philosophen, mit den Möglichkeiten des Glaubens, und darum, mit der Vorstellung einer weit umfassenden Liebe umzugehen., “Dieses Buch”, so sagt er später im Gespräch mit Magenau, bewege sich außerhalb des Gesellschaftlichen. Meint, die Sphäre ist ganz und gar intim, spielt sich zwischen zwei Ichs, zwei Charakteren, zwei starken Persönlichkeiten ab, die niemals ganzheitlich zueinander kommen können.

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Così fan tutte, E-Werk

Regisseur Hagel hat die Intrige um Treue und Verführungskünste kurzerhand auf die glitzernde Bühne einer TV-Show transponiert, in die Mitte abwechselnd die Talkmaster Alfred Biolek und Friedrich Liechtenstein gesetzt, die zwei turtelnden Brautpaaren mit einigen Quizaufgaben ihre Intimitäten abhorchen wollen. Derweil sich das albernde Unterhaltungsmenü einschläfernd fortsetzt, hat der wütende Regisseur Alfonso, der hinter der Bühne dem fragwürdigen Amüsement entsetzt folgt, eine Idee, die er mit Hilfe seiner leicht teuflisch erscheinenden Assistentin Despina sogleich in die Tat umsetzt: Man will die beiden Männer fortlocken und sie, unkenntlich maskiert und verkleidet, auf die zurückgebliebenen Bräute ansetzten, um deren Treue zu testen. Das garantiert Spannung und Spaß und eine bessere Einschaltquote!

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Bezahlt wird nicht

Spaß ist scheinbar eine ernste Sache, und Satire erst recht. Aber immer dann, wenn sie mitten ins italienische Mark trifft, sozusagen den Alltag, und die Lebendigkeit und die Gemütslage unserer Nachbarn aufs Korn nimmt, entsteht tolles und typisches Volkstheater: komisch, absurd, heiter, faszinierend! Iris Radunz als überschäumende, wahrlich nicht auf den Mund gefallene kleine Hausfrau überlistet alle und natürlich erst recht die schmucken Carabinieri, die sich von ihrer Eloquenz und köstlichen Logik absolut überzeugen lassen!

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Betrogen

Erst nach und nach entlarvt der Autor die Entwicklung einer beklemmenden Dreiecksliebe, die sich selbst zerstört, nicht nur, weil sie als Schattengewächs zum Sterben verurteilt ist. Denn ihre Nahrung bezieht sie nur kümmerlich aus angstvollen Versteckspiel, schlecht getarnten Täuschungsmanövern, vorgespielter Blindheit und überkompensierten Freundschafts- und Liebesbeschwörungen. Ein unheilvolles Nicht-wissen-wollen begleitet und zerstört am Ende Ehe, Liebe, Freundschaft.
Das Spiel im Renaissance Theater ist eindringlich, mit einer alle Aspekte des Stückes ausreizenden Regie, analysierenden Szenen, ausgefeilten Charakteren, einer sicheren Interpretation und einer ebenso subtilen wie drastischen Darstellung. Daher auch anerkennender Beifall für ein gewiss nicht leicht zu konsumierendes Lebensdrama.

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Besuch bei Mr. Green

Ein junger Mann, mit Namen Ross, der im Straßenverkehr Mr.Green beinahe angefahren hätte, wird vom Gericht verurteilt, einmal in der Woche dem 86jährigen Witwer im Haushalt zu helfen. Beide sind ziemlich unwillig und dem anderen gegenüber sichtbar abgeneigt; Für diesen Mr.Green gibt es rein gar nichts Erfreuliches mehr im Leben, er lebt in Bergen von Telefonbüchern, hat allerdings das Telefon abbestellt, isst nicht, geht wohl nur selten aus dem Haus, fristet ein trauriges Dasein – vergrämt und verbittert. Doch wie dieser Ross – mal im akkuraten Büroanzug, dann wieder im lässigen Freizeitoutfit- den alten Mann stur und unberührt (und durchaus nicht immer begeistert) aus der Isolation holt, ihn mit leckerer Suppe verführt und ihm die Leviten liest, das ist schon bemerkenswert.

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