Così fan tutte, E-Werk

von Wolfgang Amadeus Mozart
 E-Werk -Berlin
deutsche Bearbeitung: Andreas Haß
Musikalische Leitung und Inszenierung: Christoph Hagel, Konzertmeister: Wolfgang Bender und Etien Meneri
Orchester: Berliner Symphoniker

 mit: Carola Reichenbach/ Astrid Kessler (Mandy), Uta Runne/Dorothe Schlemm (Doro); Carrie Dimaculangan/Anna Gütter (Despina); Alexander Geller/Kai-Ingo Rudolph (Kevin); Serge Novique/Christian von Oldenburg (Leon); David Arnsperger/Ronald Zeidler (Alfonso); Alfred Biolek/Friedrich Liechtenstein (Showmaster); Manu Laude (Gerard)

 

Liebe in Zeiten der TV-Unterhaltung

Flankiert von farbig flimmernden Videos, die auf die nebenstehenden hohen Hauswände vieldeutig projiziert sind, betritt man durch ein langes Zelt das alte E-Werk, das vor 12 Jahren schon zur Kulturstätte umfunktioniert (Don Giovanni) wurde und in diesem Herbst als zeitgemäßer Ort für Mozarts launiges Wechselspiel zweier Liebespaare ausgewählt wurde. Allerdings seien Puritaner gewarnt, denn ihre heilige Muse Oper wird hier aufs Gründlichste demaskiert und popularisiert – ganz so, wie es der zu jedem Spaß aufgelegte Wolfgang Amadeus und sein übermütiger Freund Lorenzo da Ponte einst wohl auch beabsichtigt haben, sozusagen als eine moderne Boulevard-Komödie.

Regisseur Hagel hat die Intrige um Treue und Verführungskünste kurzerhand auf die glitzernde Bühne einer TV-Show transponiert, in die Mitte abwechselnd die Talkmaster Alfred Biolek und Friedrich Liechtenstein gesetzt, die zwei turtelnden Brautpaaren mit einigen Quizaufgaben ihre Intimitäten abhorchen wollen. Derweil sich das albernde Unterhaltungsmenü einschläfernd fortsetzt, hat der wütende Regisseur Alfonso, der hinter der Bühne dem fragwürdigen Amüsement entsetzt folgt, eine Idee, die er mit Hilfe seiner leicht teuflisch erscheinenden Assistentin Despina sogleich in die Tat umsetzt: Man will die beiden Männer fortlocken und sie, unkenntlich maskiert und verkleidet, auf die zurückgebliebenen Bräute ansetzten, um deren Treue zu testen. Das garantiert Spannung und Spaß und eine bessere Einschaltquote!
Alfonso, der nach zwei gescheiterten Ehen nicht mehr an die Treue einer Frau glaubt, und Despina, die jedes frivole Spiel mitmacht, es aber dabei auf den smarten Kameramann Gerard abgesehen hat, hecken jetzt, ganz mozartgetreu den Plan der Maskerade und des Rollentausches aus, nur dass heute und hier die beiden Männer flugs zum Bundeswehreinsatz abgerufen werden und hernach – the Show must go on – als Hippie und graumelierter würdiger Herr zurückkehren, um ihre Frauen zu erobern. Flachlegen heißt das natürlich, aber es bedeutet zu jeder Zeit und an jedem Ort das gleiche: Herz und Körper der Dame mit schönen Sprüchen, teuren Versprechungen, mit Tapferkeit- und Mitleid erregenden Tricks zu erobern! Kevin und Leon heißen die neuen Typen, einst Ferrando und Guglielmo. Und man mag es glauben oder nicht, wundern tut man sich schon seit dreihundert Jahren: dass die beiden Schönen Doro (Dorabella) und Mandy (Fiordiligi) so mir nichts Dir nichts blitzschnell auf die Maskerade hereinfallen wie einst zwei Damen der Wiener Gesellschaft, die Mozart und da Ponte damit zur unsterblichen Bühnenfassung des Skandals animierten!!  Bei einer echten TV-Show winkt natürlich das Geld und hier sogar sehr viel Geld, das hier für oder gegen den Beweis der weiblichen Treue angesetzt wird (wer spricht dabei eigentlich endlich einmal über die der Männer!) – und wer gewinnt? Keiner und alle natürlich, aber wer zuletzt lacht, dem geht es am besten. Und da sind es diesmal – zeitgemäß – dann doch die Frauen.

Da Christoph Hagel, wie in seinen vorherigen Inszenierungen auch, alle Rollen zweifach besetzt und sich stets ein stimmlich und schauspielerisch talentiertes Team zusammenstellt, kann den Darstellern große Präsenz bescheinigt werden. Erfahren und gefragt, weist ihrer aller Vita bereits zahlreiche Engagements auf; Mit Hingabe und äußerst individualistischer Präsenz spielen sie einen modernen Mozart als Riesenspaß. Erlaubt sei  – pars pro toto – der Hinweis auf die leidenschaftliche Darstellung von David Arnsperger als zynischer Alfonso und der verführerischen Anna Gütter als Despina sowie auf den tänzerisch furiosen Manu Laude als Kameramann Gerard, die ich in der Aufführung sah. Herr Biolek blieb blass und angestrengt, vielleicht war er auch schon von der umlaufenden Erkältungswelle erfasst, während das Orchester, wie erwartet, in diesen akustisch dafür nicht gebauten Hallen den gewohnten glänzenden musikalischen Klang nicht voll entfalten kann, aber das Treiben auf der Bühne anspornt und inspiriert und es temperamentvoll und zärtlich zu lenken weiß. Wer nicht “Höheres” erwartet, der wird nicht enttäuscht. A.C.

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