4 nach 40

von Fritz Schindlecker
Theater am Kurfürstendamm

Regie: Andreas Schmidt, Bühne: Anja Wegener
Kostüme: Gizella Koppany

Lebensleid und -lust auf halber Strecke

Zwei Männer, zwei Frauen,  die alle gerade ihren 40.Geburtstag hinter sich gebracht haben, mit mehr oder minder Sorge vor dem Älterwerden, bleiben gemeinsam im Fahrstuhl stecken – zwischen dem 40. und 41. Stockwerk. Was sich aus dieser Situation entwickeln könnte, wie die unterschiedlichen Persönlichkeiten sich verhalten, die Charaktere sich bloßstellen, geheime Wünsche und Hoffnungen sich hinter der momentanen Verzweiflung offenbaren – das wäre an und für sich schon ein faszinierendes Bühnenthema.http://www.komoedie-berlin.de

Doch in diesem Fall haben der österreichische Autor und Regisseur Andreas Schmidt auf ein Drama mit tiefenpsychologischen Analysen verzichtet und einem heiteren, mit netten Liedchen gewürzten Boulevardkomödchen den Vorzug gegeben. Es geht dabei nicht sehr tiefgründig zu, die Menschen zeigen zwar interessante Eigenschaften, die preiszugeben sich wohl keiner im normalen Alltag trauen würde – und auf die man auch gut und gerne verzichten könnte, aber insgesamt bleibt die Stimmung auf halber Höhe heiter.

Der Fahrstuhl scheint in diesem 80 Stockwerke bergenden Hochhaus äußerst geräumig, so dass Koffertaschen umherfliegen können, die Leute sich nicht immer an in- und aneinander festklammern müssen, und dieses wohl auch nur aus reiner Berechnung geschieht, wenn der Fahrstuhl einmal hoffnungsvoll ins Schwanken gerät oder wenn es gilt, die anfängliche Klaustrophobie der hübschen Blondine im kurzen Röckchen schnell zu beheben, nachdem der nette Studienrat ihr den Unterschied zwischen der Platzangst (Agoraphobie) und ihrer Angst vor dem Eingeschlossensein erläutert hat. Wie dieser Mann sich übrigens nach anfänglich arg strapaziertem Nervenzustand innerhalb des Klettblattes nach und nach als guter Vermittler herausstellt, das erscheint äußerst sympathisch. Aber auch er hat, wie man so schön sagt, eine Leiche im Keller. Wie auch die forsch-aggressive Rechtsanwältin, die eine gewaltige emotionale Leere hinter ihrer burschikosen Unnahbarkeit verbirgt. Und der nervtötende Versicherungsagent, der so ganz und gar jegliches Feingefühl für die Empfindlichkeiten der anderen vermissen läßt, muss in seiner peinlichen Tollpatschigkeit stets wie ein unerzogenes Riesenbaby im Mittelpunkt stehen. Dass man da einander nicht an die Gurgel geht, und sich nicht unbedingt sich der Verzweiflung hingibt, liegt an der flippigen Inszenierung. Denn man könnte ja schon Mitleid mit dem naiven Blondchen haben, das im tristen Heim nur ein unablässig Bier konsumierender Fußballfanatiker vor dem TV erwartet, der seine Frau schon lange vernachlässigt. Dank des netten Studienrats aber erfährt das reizende Naivchen im Fahrstuhl seine große, wenn auch äußerst flüchtige Liebe. So kommen alle schnell wieder ins seelische Gleichgewicht mit passenden Paarungen, so dass keine allzu tiefgreifende Dramatik den Frohsinn im Publikum  trübt. So ist für ausreichend Amüsement ist gesorgt, nicht zuletzt durch frivole Spielchen und Anzüglichkeiten in Wortwitz und Ton.

Da den meisten Zuschauern die die Darsteller aus der Wohnzimmer-TV-Behaglichkeit vertraut sind, können Claudia Geisler als naives Weibchen, Nina Hoger als kühle Anwältin, Ingo Naujoks als sexbessener Intellektueller und Stephan Grossmann als hemmungslos plappernder Kaufmann mächtig punkten.  A.C.

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