Der Vorname, B

von Matthieu Delaporte und Alexandre de la Patellière
Renaissance Theater Berlin, 2013
Regie: Antoine Uitehaag,Bühne: Momme Röhrbein,Kostüme: Erika Landertinter

mit: Peter Kremer, Martin Lindow, Anika Mauer, Nadine Schori, Roberto Guerra

 

Was erlaubt ist und was nicht gefällt

Drei Männer im intellektuellen Clinch, dazwischen zwei Frauen, die eine nicht unwesentliche Rolle zur Erhellung des männlichen Überlegenheitssyndroms spielen, sowie ein noch ungeborenes Baby, das für immer und ewig den zweifelhaften Verdienst haben wird, im stummen Status im Mittelpunkt einer eskalierenden Kontroverse gestanden zu haben.

Dabei ist es eigentlich nur sein Name, den der glückliche Vater mal eben so in den Raum stellt, der sich daraufhin mit sichtbar dicker Luft füllt. Adolphe soll der Junge heißen. Nun muss man sagen, dass hier nicht unwichtige Verwandtschaftsverhältnisse herrschten. Der mit Witz und politischem Wahn kokettierende Vater ist Vincent, Bruder der Gastgeberin Elisabeth und ihres Ehemannes Pierre, eines humorlos peniblen Professors. Die werdende Mutter Anna wird später dazukommen. Dritter im Männerbunde ist der überwiegend schweigsame Freund Claude, Posaunist im Rundfunkorchester, ein sensibler Musiker eben. Alle sind Freunde seit Kindertagen, beziehungsweise seit Verwandtschaft sie zusammenführte. Am Telefon gibt es die Mutter von Vincent und Anna, die übrigens als Französin im gänzlich untypischen Küchenlook hektisch mit der Mutter um letzte Küchenfragen ringt. Anika Mauer gibt der verhuscht entnervten Hausfrau bis zu ihrem erwarteten hysterischen Ausbruch eine bemitleidenswerte Schürzenrolle.

Doch weil man sich nicht lange mit Vorspielen aufhält, und gute Dramaturgen wissen, dass sie ins Geschehen hineinstolpern müssen, um ihr Publikum von Anfang an zu fesseln, haben die beiden französischen Autoren es mit ihrer Kollegin Jasmina Reza gehalten und lassen – so wie bei Reza im Stück  “Kunst”  drei Freunde über ein weißes Bild stolpern – hier die Harmonie an einem schwer belasteten Namen zerplatzen. Nach altbewährtem Komödienrezept werden die geistreichen Betrachtungen, Verwerfungen, Beleidigungen, Resümees grob und geistreich wie Fallstricke über die Bühne gespannt, und es fliegen Sarkasmen, Spott und Empfindlichkeiten, was die Bildung nur so hergibt. Vor allem Vincent ist in seinem Element. Er sticht absichtlich in die Wunde seines Schwagers. Denn für den hat die Vergangenheit nicht nur Deutschland für ewig in die politische Verantwortung gebannt, sondern die Franzosen gleichermaßen. Peter Kremer und Martin Lindow als Bruder und Ehemann vermiesen der armen Hausfrau, die permanent Speisen auftischt, die niemand isst, gehörig den Abend, während sich der Zuschauer als hämischer Außenseiter köstlich amüsiert.

Dass zudem den Darstellern für ihre ungemein schwierige Textbeherrschung gratuliert werden muss, versteht sich. Die Damen kommen textlich etwas schwach weg, und der letzte große Mitleidsmonolog der von der hoffnungsvollen Wissenschaftlerin zum Küchenmuttchen mutierten Elisabeth wäre überdies nicht nötig gewesen, um ihre Vereinsamung mitfühlend zu sehen. Dass die lediglich in zwei Telefongesprächen anwesende Frau Mama das Fass zum Überlaufen bringt, sollte dagegen als ernsthafter psychologischer Moment interpretiert werden, der dem oberlustigen Eitelkeitsmacho Vincent am Ende nun auch gehörig eins auf das überhebliche Haupt gibt.

 Echt gelungen! A.C.

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