Ach, die Frauen, B
von Alberto Moravia, 1907-1990 , italienischer Schriftsteller und Politiker, Kurzgeschichten, Novellen, Romane, Verfilmungen
Eine szenische Lesung mit Leslie Malton und Felix von Manteuffel
Renaissance Theater,Berlin, 2025
Es geht natürlich um Liebe, wir sind ja in Italien… und es geht um Eifersucht, vertrackte Verhältnisse, vertane Gelegenheiten, versäumte Geständnisse und ungenutzte Chancen – aber auch vor allem um die unergründliche Psyche der Frauen (und auch um die Hilfslosigkeit der Männer in mancherlei HInsicht). Wie in einem Kammerspiel lassen Leslie Malton und ihr Ehemann Felix von Manteuffel wieder einmal als wunderbar eingespieltes Künstler-Duo gestisch und mimisch und mit prägnanten sprachlichen Variationen ihre Hautpdarsteller aus ihren Geschichten herausspringen bis wir sie bildlich vor uns sehen.
Der Schriftsteller Alberto Moravia beschreibt lebendige handelnde, leidende, liebende Menschen aus dem römischen Millieu der armen Leute aus der Zeit des frühen vorigen Jahrhunderts. Er führt uns hinein in ihr oft verwirrendes und verworrenes Dasein, mit Komik und Tristesse. Moravia, auch Journalist und aktiver Politiker, ist viel in der Welt herumgekommen, hat mehr erlebt und erlitten als er sich wohl je gedacht hatte und ist im tiefsten Grund seines Wesens immer römischer Bürger geblieben, einer von denen, die er so feinsinng und treffend beschreibt. Er ist ein spannender Erzähler, ein feiner Beobachter und ein Künstler sprachlich aufgebauter Spannung, die er durch eine hintergründige, heitere wie subtile Betrachtung des Alltags römischer Paare, Frauen und Männer in ihren komplizierten Beziehungen zu einem bunten Bilderbogen formt.
Dabei macht er sogleich absolut deutlich, und Leslie Malton stellt diese klassische griechische Philosophie auch an den Anfang ihrer Darbietungen, dass Platon ja einst die Konstellation der sich ergänzenden Einheit von Mann und Frau in Kugelform überzeugend darzustellen wußte. Dass, so resümiert allerdings der spätgeborene Römer, wäre praktisch kaum vorstellbar gewesen, denn wie hätte sich denn nun eine Kugel, halb Mann, halb Frau, mit je zwei Beinen und Armen fortbewegen können… Logisch also, dass ein gnädiger Gott des Olymps wohl Einsicht hatte und die Kugelmenschen wieder teilte. Aber seit dieser Zeit nun rennen Mann und Frau vor- und neben- und hintereinander her und können eigentlich niemals wirklich zusammenfinden. Diese Lebenserfahrung und/oder Weisheit des Autors erzählen Malton und Manteuffel mit sehr viel Charme und Finesse und gehen dann auch gleich hinein in eine Liebesgeschichte, die, von italienischem Temperament begleitet, von Liebe und Zerwürfnis, von Verzeihen und neuer Trennung erzählt, was die beiden Liebenden in ihrem störrischen Stolz zur immerwährenden Einsamkeit verurteilt. Eine andere Erzählung berichtet von zwei Liebhabern und einer aparten indifferenten Evastochter, die mit kindlicher Naivität beide Verehrer zappeln läßt und selbst noch während ihrer Trauung, und damit ja einer eigentlich eindeutigen Wahl, dem anderen noch einen schelmischen Blick zuwirft. Beglückend für den fortwährend Hoffenden.
Ach, die Frauen!
Zwei Stunden wunderbare Unterhaltung, wie man sie sich angesichts vieler deutungsschweren Theaterinszenieren nur wünschen kann! A.C.