Category Archives: Klassik/ Moderne

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Herr Puntila und sein Knecht Matti

Wer sich an andere Inszenierungen dieser ebenso tiefsinnigen wie heiteren Sozialfarce eines lebens- und liebesfrohen Dichters im Exil erinnert, wird enttäuscht sein. Denn das Leben spielt hier nicht wirklich mit. Wer aber die Aufopferung des Herrn Puntila an den Gott des Alkohol-Wahnsinns in der Gestalt von Norman Hacker, der sich bis zur letzten Faser verausgabt, als Erlebnis verzeichnen möchte, der könnte sich auch mit dieser Art von Theater, die ganz und gar nicht brechtgemäß ist, zufrieden geben.

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Prometheus, gefesselt

Die Inszenierung endet nach einer Stunde wie sie begonnen hat: mit Geplätscher und im Halbdunkel. Da Jossi Wieler seine Darsteller – siehe auch “Iphigenie” – weitestgehend statisch und textlastig agieren läßt, also den Hauptakzent auf die Vermittlung des Wortes als aussagekräftiges theatralisches Mittel legt, konnte man natürlich keine spannenden inszenatorisch beeindruckenden Phasen erwarten. Ein bisschen mehr darstellerische Differenzierung und dramaturgische Spannung aber hätte dem großen Epos schon größere Transparenz verliehen !

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Prinz Friedrich von Homburg

Die Kenntnis der Handlung vorausgesetzt, kann man dem schnell wechselnden Spiel um Illusion, Kampfesgeist und eigener Verantwortung und deren unerbittlichen Konsequenzen folgen; wenn nicht, so empfiehlt sich eine ausgiebige Anschlusslektüre. In Kriegenburgs stark gestraffter Bühnenversion beginnt das seltsame Spiel um Gehorsam und Selbstbestimmung mit einem somnambulen Jüngling, den Ole Lagerpusch in guter Tradition aller jungen Bühnenhelden mimt: romantisch, versonnen, verliebt und fern aller Realität.
Ob die Inszenierung diese Tiefgründigkeit aller ethischen und politischen Aspekte widerspiegelt, ist fraglich; denn verstörend sind nicht nur der eingekochte Text, Schall und Farbe, sondern auch die unerklärliche Fallsucht, das ekstatische Wühlen in den “Fluten”, die epileptischen Sturzanfälle der Kurfürstin (Judith Hofmann) und ihrer Ziehtochter Natalie (Barbara Heynen). Wer sich nicht wälzt, bleibt allerdings auch nicht lange trocken.

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Ödipus auf Kolonos

Seine letzte Tragödie hat Sophokles mit 90 Jahren (406 v. Chr.) geschrieben, und sie ist erst fünf Jahre nach seinem Tod aufgeführt worden. Mit ihm starb die attische Tragödie. Dass Peter Stein, Klaus Maria Brandauer und Jürgen Holtz – inmitten all der kargen und kärglichen Bemühungen neuer Regiematadore, die nicht nur die klassischen Stücke mit tödlicher Blutarmut servieren – versuchen, ihr noch einmal Leben einzugeben, indem große Schauspieler zeigen, wie Theater gespielt werden kann, das sollte als Anreiz genügen, um diese Aufführung nicht zu versäumen.

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Nachtasyl

Hoffnung also für niemanden: weder für den ewig dirilierenden Schauspieler, dem Roman Kaminksi zeitweise zur Erinnerung an bessere Zeiten verhilft und einige lyrische Verse aus dem Dunkel des Gedächtnisses hervorholt, und der den Weg bis zur Entziehungskur nicht mehr schaffen wird sowie auch der stets geschundene, noch so junge Schumacher Aljoschka (Dejan Bucin) dem Strichermilieu nicht mehr entfliehen kann. Nur sein kleines Akkordeon kann zuweilen die Asylbewohner zu beinahe zärtlichem Gesang animieren, der die tiefe sentimentale russische Seele bloßlegt.

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