Category Archives: Klassik/ Moderne

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Prinz Friedrich von Homburg

Die Kenntnis der Handlung vorausgesetzt, kann man dem schnell wechselnden Spiel um Illusion, Kampfesgeist und eigener Verantwortung und deren unerbittlichen Konsequenzen folgen; wenn nicht, so empfiehlt sich eine ausgiebige Anschlusslektüre. In Kriegenburgs stark gestraffter Bühnenversion beginnt das seltsame Spiel um Gehorsam und Selbstbestimmung mit einem somnambulen Jüngling, den Ole Lagerpusch in guter Tradition aller jungen Bühnenhelden mimt: romantisch, versonnen, verliebt und fern aller Realität.
Ob die Inszenierung diese Tiefgründigkeit aller ethischen und politischen Aspekte widerspiegelt, ist fraglich; denn verstörend sind nicht nur der eingekochte Text, Schall und Farbe, sondern auch die unerklärliche Fallsucht, das ekstatische Wühlen in den “Fluten”, die epileptischen Sturzanfälle der Kurfürstin (Judith Hofmann) und ihrer Ziehtochter Natalie (Barbara Heynen). Wer sich nicht wälzt, bleibt allerdings auch nicht lange trocken.

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Ödipus auf Kolonos

Seine letzte Tragödie hat Sophokles mit 90 Jahren (406 v. Chr.) geschrieben, und sie ist erst fünf Jahre nach seinem Tod aufgeführt worden. Mit ihm starb die attische Tragödie. Dass Peter Stein, Klaus Maria Brandauer und Jürgen Holtz – inmitten all der kargen und kärglichen Bemühungen neuer Regiematadore, die nicht nur die klassischen Stücke mit tödlicher Blutarmut servieren – versuchen, ihr noch einmal Leben einzugeben, indem große Schauspieler zeigen, wie Theater gespielt werden kann, das sollte als Anreiz genügen, um diese Aufführung nicht zu versäumen.

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Nachtasyl

Hoffnung also für niemanden: weder für den ewig dirilierenden Schauspieler, dem Roman Kaminksi zeitweise zur Erinnerung an bessere Zeiten verhilft und einige lyrische Verse aus dem Dunkel des Gedächtnisses hervorholt, und der den Weg bis zur Entziehungskur nicht mehr schaffen wird sowie auch der stets geschundene, noch so junge Schumacher Aljoschka (Dejan Bucin) dem Strichermilieu nicht mehr entfliehen kann. Nur sein kleines Akkordeon kann zuweilen die Asylbewohner zu beinahe zärtlichem Gesang animieren, der die tiefe sentimentale russische Seele bloßlegt.

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Endstation Sehnsucht,B

Und doch ist dieser Abend, zwar weit entfernt von Tennessee Williams, ein großartiges Erlebnis: Jule Böwe zieht nach und nach alle Register, entkleidet diese selbstherrlich wirkende Frau all ihrer schönen Flitterfassaden, enthüllt schonungslos ihre Alkoholabhängigkeit, ihre Unbeherrschtheit, die Arroganz und Dekadenz der alten Oberschicht, entlarvt nach und nach, Schicht für Schicht, ihre sorgfältig gesponnenen Lebenslügen und lässt ihre Tragik immer wieder für Momente spürbar werden.

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