Category Archives: Neue Inszenierungen

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Tartuffe, B

Endlich einmal wieder Theater mit großartiger Sprache und gut sprechenden Schauspielern! Das ist vielleicht das Beste an den Altvorderen; dass sie zu Ihrer Zeit nicht nur mit kritischer Ironie die Alltäglichkeit um sie herum, die Irrungen und Wirrungen der Menschen an den Pranger stellten, sondern das alles auch noch mit großem Sprachschatz und intelligentem Sprachwitz, der seit vielen Jahrzehnten in unserer Literratur nur mehr selten vorkommt.

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La Clemenza di Tito (Titus), HB

In der kurzen Ouvertüre verkündet ein Triumpfmarsch eine neue Ära unter der Ägide des neuen Kaisers Tito, bevor Klarinetten und Bassethörner melancholisch die Führung übernehmen und in zarter leichter Tongebung nach der strengen Disziplin des ehemaligen Feldherrn nun eine Zeit der Güte und Gerechtigkeit ankündigen.
In Bremen wurde die Oper „Titus“ bereits im Jahre 1984 aufgeführt, unter der musikalischen Leitung von Ulrich Weder; Inszenierung und Regie lag bei Herbert Wernike. Ob sie damals auch den armen Tito zuguterletzt in solch ein albernes Reifrocktütü steckte, ist nicht überliefert.

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Pique Dame, B

Eigentlich dachte sich Peter Tschaikowski diese gruselige Liebes-und Kartenspielgeschichte als „merkwürdiges Drama aus einer alten Welt“, nämlich im Sinne des Rokoko a la Mozart. Liebe- und Schäferidylle, große Kostümromantik des späten 18. Jahrhunderts und selige Sequenzen an untergegangene, erträumte Paradiese…. Nichts von alledem, was bleibt, ist der heißblütige Auftakt einer Romanze zwischen einem ungleichen Paar, überquellender, innigster Gesang von Sondra Radvanossky – zunächst als beinahe unsichtbar bebrillte Gouvernante, später als gleißende Ballschönheit), aufregende, verheißungsvolle Erwartung und spannend durch die noch unsichtbare geheimnisvolle Gräfin mit ihren Zauberkarten– doch allmählich dann zeigt die Eintracht erste Risse durch die sozialen Differenzen und Ängste, die keiner offenbart. Und es kommt es zur erwarteten Katastrophe.

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Don Quixote, HB

Ein Plädoyer für die Liebe, für die Selbstbestimmung der Frau, für das Ritterliche in beiderlei Geschlecht, deren Sehnsüchte und Körperlichkeit dann aber doch wohl einige Unterschiede besitzen, die zu bekämpfen so sinnlos ist wie Don Quichotes Kampf gegen die Flügel der Windmühle oder die imaginären 200 feindlichen Männer, deren Schatten visionär im Morgengrauen erscheinen.

Die drei Darsteller, zwei junge Frauen, ein junger Mann, in Plastikplanen und Lappen gehüllt, verkünden lachend und blitzenden Auges, deren Schalk unverkennbar zum Stück gehört, dass sie nach Liebe suchen, bei sich, bei uns, bei anderen. Egal, irgendwo und vor allem ständig. Weil sie diese selbstlose Liebe, die sie weder orten noch definieren können, wohl niemals finden werden, fühlen sie sich jenem Ritter von der traurigen Gestalt verbunden, der einer Wahnvorstellung, einer geliebten Schimäre nachjagt und der Menschheit verständlich zu machen versucht, dass nur ein Narr das Übel der Welt bekämpfen kann, aber auch ebenso wenig die Liebe für sich beanspruchen und festhalten kann.

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Anatevka, B

Eine berührende und temperamentvolle Inszenierung, die den großen Charme dieser tapferen und mutigen kleinen jüdischen Gemeinde in Russland in all ihren charakteristischen Facetten zeigt – ihren Lebensmut und auch hin und wieder Übermut, gepaart mit großem Humor, der sich hier Chuzpe nennt, und so eigenartig Widersprüchlichkeiten aufzulösen vermag wie sonst nirgendwo. Mitten im Geschehen zieht der Milchmann Tevje (großartig Max Hopp) mit großem Herzen und offener Seele seinen alten Wagen, und seine geplagte und verständnisvolle Gattin Golde (DagmarManzel) zieht fünf Töchter auf, die so ganz ihren eigenen Weg gehen werden, die strenge Tradition ihres Volkes der Liebe wegen aufgeben und dem guten Vater auch das Herz brechen werden. Zwischen Tanz und Traurigkeit, zwischen scherzhaften Eskapaden, wenn auch nur in gruseligen Traumgebilden, schreitet das Leben voran. Für die glücklich verliebten Paare ziehen bereits dunkle Wolken am Zukunftshorizont auf, während sich Tevje weiterhin mit seinem lieben Gott auseinandersetzt, listig-demutsvoll mit sich selbst argumentierend, immer auch einen Ausweg findet. Fast immer. Denn die Menschen sind ihnen nicht alle freundlich gesonnen, und eines Tages wird das Ende ihres Bleibens im Dörfchen Anatevka verkündet. Der Fiedler auf dem Dach wird sie begleiten auf dem weiteren und weiten Weg der Suche nach einer wirklichen Heimat. A.C.

Eine ausführliche Besprechung folgt.

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Extrawurst, B

Zuerst denkt man an Mitmach-Theater, denn das Publikum scheint dermaßen mit vollem Herzen in die Materie einzugehen. Kein Wunder, sind doch Vereinsregularien den Meisten von uns gut vertraut, und man ist nur zu gern bereit, herzlich über all das zu lachen, worüber man sich ansonsten zu ärgern pflegt. Autortäres Verhalten des Vorsitzenden beispielsweise, Selbstdarstellung mancher Mitlgieder, unnötig lange Schein-Debatten, kein Ende oder ein Ende mit Schrecken – wie hier.

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