Category Archives: Oper/ Musiktheater

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Der Idiot, OL

Irinia Okninas Nastassja ist zerrissen zwischen diesen eher undurchsichtig sich verhaltenden Mannsbildern, denn der dunkle, unheimlich und tiefgründig sich artikulierende und bewegende Rogoschin ist als leidgeprüfter Liebhaber ebenso begehrenswert wie der in sich ruhende Myschkin. Daniel Moon spielt und kostet seine Leidenschaft in voller Tiefe aus, und man hört ihn zugleich als Othello und alle anderen verstörten und gedemütigten Liebenden der Operngeschichte. Irina Oknina wird im späreren Duell mit der jungen um den Fürsten buhlenden Aglaja die gewaltige Strahlkraft ihrer Persönlichkeit einsetzen müssen, um im Sängerduell der liebenden Frauen zu siegen. Denn auch Yulia Sokolik weiß um die Stärke weiblicher (und gesanglicher) Betörungskünste. Wäre Fürst Myschkin weiblicher Macht und dem Dämon des Mammons verfallen, die seltsamen Gebaren seiner Mitmenschen, Geld zu verbrennen oder für die eigenen Töchter zu Markte zu gehen, würde ihn wohl nicht so entsetzen. So vergeudet die Generalin Jepantschina, mit Melanie Lang eindrucksvoll besetzt, ihre ganze Energie an der naiven Weltunerfahrenheit des begehrenswerten, trotz seiner Krankheit attraktiven möglichen Ehemannes.
– Während unten im Orchestergraben die Instrumente die Geschichte einer überschäumenden Leidenschaft und eines göttlichen Mitgefühls und somit die stille Hoffnung des Dichters wie des Komponisten auf eine verständnisvollere Welt ad absurdum führen. A.C.

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Die Zauberflöte, HB

Ein Spiel mit Licht und Schatten, leuchtenden eleganten Kleidern und Masken; Verdi -opernhaft- ägyptische Kostüme und Kopfputz verleihen der guten alten “Zauberflöte” ihren glanzvollen Charme.
Aber das ist dann auch beinahe schon alles, was man über die Inszenierung Erfreuliches sagen kann. Sie läßt bereits in der Overtüre keinen Zweifel daran, dass es sich hier um eine besinnlich-betuliche Interpretation einer alten Moral- und Geschlechterordnung handelt, die gar gemächlich im Orchester voranschreitet, das, aus langem Dornröschenschlaf erwachend, auf der geschmackvoll ausgestatteten Bühne sein stimmliches Pendent findet.

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Der Liebestrank, HB

Ein Schmankerl – nicht nur zur Weihnachtszeit, frisch und frech inszeniert mit allem Glamour und Glitzer, den die Welt des schönen Scheins uns täglich in Film und Fernsehen suggeriert. Wo der arme Depp, der abseits der irreführenden Illusionen in der schnöden Wirklichkeit verharrt, ja schier verzweifeln muss. Er ist kein Held, kein Charmeur und schon gar kein strahlender Superman, sondern nur ein unglücklich Liebender. Und er taumelt mit einer beseeligenden Musik vom tiefsten Kummer zum höchsten Glück, findet endlich sich selbst und seine Würde wieder und erobert damit auch die verehrte Frau, die ihn plötzlich – oh Wunder – mit anderen Augen sieht.

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Falstaff, OL

Alles ist auf Jagen ausgerichtet: Der liebestolle Sir John Falstaff, Ehemänner, Ehefrauen, Jungverliebte – jeder verfolgt hier jeden, die einen aus Übermut, die anderen aus Liebe oder Eifersucht, und alle erhalten zum Schluß, was sie verdienen. Das Orchester gibt dem Ganzen Tempo und Vitalität und läßt keinen Zweifel an der Interpretation des Regisseurs, der Verdis Komödie auch als solche inszeniert. Man muß sich diesmal an einen Falstaff gewöhnen, der eher einem Don Juan ähnelt als einem frivol-fetten Tunichtgut, der angemessen an der Nase herumgeführt wird. Das Fazit, es gibt keine wirklich dicken Baritone. Und das ist doch auch gut so oder?

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Anna Karenina, HB

Video-Aufzeichnungen dienen der Transparenz der Erzählung, die währenddessen auf der Bühne dargestellt wird, also als erweiterter Hintergrund und der Intensivierung der Wahrnehmung des Bühnengeschehens. Die Frage ist nur, ob dies immer und überall sinn- und wirkungsreich ist. Für diese vor allem von hervorragenden Sängern und einer stimmigen Choreografie getragene Inszenierung ist die hohe, auf hölzernen Stelzen in den Vordergrund gerückte Leinwand wohl auch bühnentechnisch wichtig, um damit die historische Differenz zwischen Tolstois Roman und seiner Umsetzung in eine zeitübergreifende Ebene zu projiizieren: Die schöne junge Anna nämlich verliebt sich nach neujähriger Ehe leidenschaftlich in den Grafen Wronsky, mit dem sie ein neues Leben beginnt. Ihr neunjähriger Junge wird nach der Scheidung dem Ehemann zugesprochen. Das scheinbare Glück ist jedoch so zerbrechlich wie Glas und steht im Zentrum einer gesellschaftlich umfassenden Tragödie: denn auch die beiden anderen Paare in diesem Epos können nicht miteinander glücklich werden. Die seelischen und realen Gründe können jedoch in der Bühnenversion nicht transparent gemacht werden.

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Herkules, OL

Nach klassischem Vorbild noch eng verbunden mit den alten Göttern und einer archaischen Heldenverehrung entstand ein bewegendes musikalisches Spiel in einer opulenten und beinahe modern beschwingten Bild- und Klangfolge. Die Liebenden, verstrickt in allzu menschliche Gefühle, getrieben von Liebe, Leidenschaft, Eifersucht und Rache, werden nicht Opfer der Götterwillkür, sondern – nach dem Vorbild der “Trachierinnen” von Sophokles und den “Metamorphosen” von Ovid – erliegen dem Wahn ihrer eigenen tragischen Blindheit.

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