Category Archives: Regietheater

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Starker Wind,B

Wenn der Autor das gemeint hat, dass hier die jüngere Generation mit der Hinfälligkeit des Alters, das zuweilen anstrengend und aufreibend daherkommt, nicht konfrontiert werden und die traurige,eingeengte Lebenswirklichkeit des Alten nicht mehr wahrnehmen möchte, dann ist es ein böses, tragisches Stück. Denn wie traurig ist es, dass der Mann sich nurmehr an einen alten Kleiderschrank erinnert und an die wenigen Sachen, die er enthielt. Und dass er schließlich dem stürmischen Nordwind folgt, der durch das Fenster hereinbraust und ihn auffordert, sich hinauszulehnen…
Aber im Interview mit dem Dramaturgen, im Programmheft, enthält sich der Autor jedweder Interpretation. Es sei ein poetisches Gedicht nach Hölderlin und konstatierend: Theater sei die Kunst des Augenblicks, der sich nicht festhalten lasse und schon Vergangenheit sei, noch bevor er ende. Was wir fühlen, was wir denken, was wir sehen, sei wichtig und bestimme unser Sein. Die Protagonisten seien verloren im Dialog. Eigentlich ist es nur der Monolog eines Menschen, der die Orientierung in seinem Leben verloren hat. A.C.

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Die Briefe des van Gogh

Den dahinfließenden Strom wechselnder Gefühle und Spannungen greift die Musik in unprätentiöser Form auf. Um die Dramatik zu veranschaulichen, bedarf die Komposition keiner extremen Effekte, sondern versteht sich – mit romantischen Einschüben – als Vermittlerin, die dem Erzählrhythmus folgt, ihn begleitet und kommentiert. Das allein wäre schon ausreichend, um eine wundersame impressionistische Verschmelzung von farbiger Erzähl- und Tonkunst zu erleben. Das Leben Vincent van Gogh’, zwischen Hunger und Existenznot, zwischen höchster bildhafter Perfektion und wahnhafter Verzweiflung,´aus den Briefen zwischen Vincent und seinem Bruder Theo zusammengestellt, ist zu einer kunstvollen kleinen Kammeroper geworden.

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MIlchwald, HB

Eine kleine hanseatisch eingebürgerte Mannschaft, die ausgezogen ist, die abgewiesene Russin zurückzuholen, bewegt sich wahrscheinlich per Bus und zu Fuß oder auch mit der Bahn ins Grenzland Polesien, wo einst Hitlers Schergen herrschten, und damit ist auch der übliche Bezug zur Nazivergangenheit hergestellt. Eingebaut ist sogar ein alter Bunker aus Pappmasché, der nach und nach eingerissen wird, was eine ziemliche Schweinerei auf der Bühne hinterläßt. Die kleine Gruppe will also die Asylbewerberin Laila samt Kinderschar zurückholen und fällt dabei nicht nur einmal aus der Rolle und auf die Nase. Dann und wann bläst der weiße Bühnenebel über die Darsteller hinweg, die sich unter der Führung eines gewichtigen Bodybuilders in permanente Unannehmlichkeiten katapultieren. Aber solange mit Marx und Marcuse und Aristoteles – auch Antiogone und Medea dienen als Wegbegleiter – ermutigend argumentiert wird, ist wohl alles in Ordnung.

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wagner – der ring des nibelungen, B

Worum geht es in dieser Zertrümmerung des nordischen Mythos “Die Nibelungen”, aus dem Richard Wagner mit seiner “Ring” -Tetralogie eine unglaubliche Botschaft schöpft? Es geht um Wahn und Wahnsinn, es geht um Schuld und Schulden, es geht um Marx und Adorno, und es geht um vor allem um die Entlarvung und Entblößung gesellschaftlicher Strukturen in der Menschheitsgschichte, vor allem in der deutschen Kunst und Politik. Um dem Chaos des zeitlosen Wahnsinns eine zeitgemäße Struktur zu geben, turnen und tanzen die Darsteller als Insassen einer Irrenanntalt in einem vergitterten Raum über riesige Tische und Stühle, über Spüle und Küchenherd und quellen dampfend aus der Herdtür ins Geschehen; grelle Fratzen und blutverschmierte Kostüme verstehen sich heutzutage von selbst, denn der Wahnsinn ist natürlich nicht freundlich und schön, sondern grausam verzerrt und abstrus; leider phonetisch auch oft unverständlich, bis auf die atonalen, zwischen Jazz, zeitgenössischen Klangvariationen und entfernen Anleihen an Wagners schwülstiger Romantik, die die oft dröhnend eingespielten musikalischen Bewußtseinserweiterterungen von einem Orchester mit zwölf Musikern, sogar von Barenboim dirigiert, begleiten lassen.

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Mephisto, B

Schwierig ist diese Bearbeitung des grandiosen, in seiner Doppeldeutigkeit erschreckend durchsichtig gemalten und und geradezu filmisch transparent formulierten Romans über die Wendefähigkeit eines großen Schauspielers zur Nazizeit, der es auch im Nachherein zu großer Bedeutung und unangefochtenen Ehren brachte, und sie bleibt daher auch eher oberflächlich. Doch die Szenenreihung ist gut zusammengefasst, die wesentlichen Aussagen des mephistophelischen Credos, das, was der Reichsmarschall süffisant kommentiert, doch auch einen Teil der deutschen Seele umreißt, sind in dem schnell durchgespulten dramaturgischen Potpurri gut erfaßt, und wer den Roman kennt, kann sich auch schnell orientieren.

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Der Mann ohne Eigenschaften, B

Der Mann ohne Eigenschaftenvon Robert Musil   Literatur als dramatisches Spiel  Bühnenbearbeitung von Olver Reese Erstaufführung 2008 Deutsches Theater Kammerspiele Regie: Oliver Reese; Bühne: Hansjörg Hartung, Kostüme: Elina Schnizler mit: Alexander Khuon (Ulrich), Constanze Becker, Marie-Lou Sellem, Kathrin Wehlisch, Matthias Bundschuh, Frank Seppeler und Bernd Stempel Zurück Ein junger Mann, Ulrich, sucht nach dem Sinn des Lebens; als Mathematiker, ständig rational denkender, alle Emotionen sezierender und analysierender Mensch hat er die Freude am Leben und an sich selbst verloren. Ziellos- und

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