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Das achte Leben (für Brilka), HB

Die Biografie der Familie Jaschi beginnt nach der Zarenermordung mit der Begeisterung der Bolschewiken für Lenin, folgt der Schreckensherrschaft Stalins und seiner Mitläufer bis zu seinem Tode, dem gefährlichen Chaos um und mit Chruschtschow, gefolgt vom Hardliner Breschnew, umgarnt von deutschen Politikern, dann Gorbatschow, der nicht als Weltenretter, sondern den Georgiern als Wolf im Schafspelz in bitterer Erinnerung geblieben ist und dann, unberechenbar auch Jelzin. Und nach dem kurzen Aufatmen für die sowjetischen Länder, ihrer völligen Überforderung, von heute auf morgen in die Demokratie einzutreten, ohne im Besitz des Türöffners zu sein, wieder mit Aufständen, Krieg und Hunger und Existenznöten belastet, kämpfte sich dieses Georgien abwartend und verunsichert durch die Zeiten – bis zum heutigen Tage zwischen den Fronten stehend.
Der Sohn und Beschützer der Familie Jaschi, der Marineoffizier Kostja, sieht kurz vor seinem Tod und nach verlorenem ideologischen Vertrauen in die Politik der Sowjets, mit großer Klarheit und Traurigkeit, wie unentschlossen, bequem und gutgläubig sein Land allen Diktatoren gefolgt ist, aber auch, wie hilflos es als Anhängsel im Süden des großen Reiches seine Rolle akzeptieren musste: zu klein, um selbst in das Geschehen erfolgreich eingreifen zu können, zu groß, um übersehen zu werden. Ein dramatisches Familienepos über ein Jahrhundert. Nach sieben Generatonen Stagnation liegt nun alle Hoffnung einer neuen Zukunft bei der jungen Brilka, die voller Übermut, Verwegenheit, selbstgewiss und energisch zwischen den Welten lebt. A.C.

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Das Himmelszelt, B

Ein Gerichtsdrama von Lucie Kirchwood, erschienen 2020 Deutsch  von Corinna Brocher Deutsches Theater, 2022 Regie: Jette Steckel, Dramaturgie Anika Steinhoff, Bühne Florian Lösche, Kostüme Andrea Schraad, Musik Mark Baldur, Choreographie Dominika Knapik, Licht Matthias Vogel, Maske Andreas Müller, Chorleitung Benedikt Reidenbach Jury: mit Leilla Abdullah, Lena Brückner, Karin Neuhäuser, Franziska Machens/Kotbong Yang, Almut Zilcher, Birgit Unterweger, Linda Pöppel, Anja Schneider, Birte Schnöink, Dominika Knapik, Ursula Werner; Gerichtsdiener, Ehemann: Manuel Harder, Arzt: Enno Trebs, Tochter der Hebamme: Livia Mello Wagner/Ylvie Wolff

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Iwanow, B

Diese Gesellschaftssatire spielt in der Gegenwart, und man glaubt es kaum, ist einfach so aus alten russischen Zeiten geschickt transferiert. Was unterscheidet die Menschen von damals und heute? In ihrer Sehnsucht nach Anerkennung, Wohlstand, Erfolg, einem bessern Leben, das sie aus ihrer Wohlstands-Langeweile und vom monitärem Mangel erlöst? Aber dazu müßten sie sich ja bewegen, den Ball, der ihnen zugespielt wird, mit Geschick und Klugheit parieren und über die Hürde bringen. Netzroller plumpsen ohne Erfolg am Netz herunter und bewirken rein gar nichts, nur Minuspunkte. Dass alles so passend mit schwarzer Komik angefüllt ist, stößt bei den leider mehr auf scharfen Witz abbonnierten Berlinern natürlich auf Granit. Schade drum. Wer die Feinsinnigkeit des nordischen und englischen Humors liebt und den treffsicheren Sarkasmus auch als kritische Aufforderung sieht, die darin verborgene Kritik an den Zeitgeist zu verstehen und nicht als Angriff auf das hehre Genre des Dramas, wird dieser Inszenierung mit Tchechows zeitnaher Intention gewiss mit Lust und Freude folgen. A.C.

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Gelbes Gold,B

Es ist immer wieder das Thema der Zukurzgekommen, in der Literatur, im Film, Theater, in persönlichen Gesprächen. Und es stimmt traurig, wie sich in diesem Gold-Stück der alte Fritz noch immer an seinen Pommes Frites erwärmt, nach neuen pikanten Veränderungen sucht, um sie noch köstlicher zu bruzzeln; wie seine Lebensgefährtin und Geschäftspartnerin Mimi ihrer Verbitterung über alles und jeden – über die Stagnation, die falschen Versprechungen und irregeleiteten Hoffnungen, die Flucht der Dorfgemeinschaft nach dem Abriss der alten Platten – vehement Luft macht. Sie ist keine Nörglerin, sondern leidet wirklich, sowohl unter dem sturen Mann, der ihre Interessen ( und ihr fortschreitendes Alter!) irgnoriert wie auch unter der Vereinsamung in der ländlichen Beschaulichkeit in gelb glänzender Rapsfeldromantik.

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Der Sohn, B

Exemplarisch wird hier “der Sohn” in einer schnellen Szenenabfolge vorgestellt, intensiv gespielt von Darstellern, die das Anliegen des Autors zu ihrem eigenen, wie auch zum Anliegen der Zuschauer machen. Damit erfüllt das Theater eine verantwortungsbewußte Aufgabe: eine jugendliche Depression in ihren tiefverwurzelten emotionalen Facetten transparent werden zu lassen; den Umgang der mehr oder minder hilflosen Erwachsenen mit der “null Motivation” des Sohnes sensibler zu machen. Außerdem kommt für den aus der Welt gefallenen Nicolas das nicht verarbeitete Scheidungserlebnis seiner Eltern hinzu, das ein so in sich verirrter Mensch wie dieser sanfte, sich auch körperlich verbiegende Junge nicht begreifen kann. Ein Appelll an alle Erwachsenen, diesen oft als pubertären Ausfall beiseite geschobenen seelischen Zustand in einer tieferen Verunsicherung zu suchen.

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ELIAS, OL

In dieser Inszenierung gibt es noch eine kleine Ausschmückung mit der zarten Carla Götz, die nicht nur in der Rolle als Knabe engelsgleich in eine begnadete Höhe klettert, sondern auch klar und klangvoll Greta Thunbergs Anklage gegen die blinde Gesellschaft in der heutigen Zeit verliest. Na, klar. Es hat sich seither in dieser Hinsicht wohl auch nicht viel geändert, Das Rad der Geschichte hat immer wieder Wogen aufgewühlt und ist auch wieder zur Ruhe gekommen. Was in der heutigen Zeit allerdings sicher noch einiger Anstrengungen und Einsichten bedarf.

Das Schönste und Machtvollste in diesem von dem begnadeten jungen Felix so kunst- und klangvoll komponierten Oratorium ist nicht nur die große dramatische Rolle von und für Elias, sondern auch und nicht weniger von emotionaler Eindringlichkeit sind die hinreißend mit dem Geschehen verknüpften choralen Arrangements, Versionen und Visionen. Und durch die Intensität, mit der das Volk sich Gehör verschafft, mit der es jubelt und preist, und klagt und verurteilt, kommt diesem – auch und vor allem in dem geschichtlichen Kontext seiner Zeit, dem Werk auch eine revolutionäre Bedeutung zu. Das Orchester weis um dieses Anliegen.

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