Category Archives: Klassik/ Moderne

Permalink to single post

Antigone/Hyperion

Für die Schauspieler, die zwischen der Altkleidersammlung und an einem in der Mitte des Raumes placierten Rednerpodest – dann und wann mit Mikroverstärkung ihre statements verkünden, ist diese Inszenierung eine strapaziöse Aufgabe. Denn nicht nur die befremdliche Sophokles-Übersetzung Hölderlins verzichtet auf rasch erfassbare Aussagen, auch den poetisch überhöhten Hyperion-Text versteht man nur schwer – teils, weil alle Darsteller wie immer zu schnell sprechen, aber diesmal auch zu undeutlich artikulieren – als ob sie alles zwar intensiv, aber rasch hinter sich bringen wollen.

Permalink to single post

Cosí fan tutte, HB

Ein Stück von zwiespältiger Schönheit – selten wird es komisch aufgefasst, immer steht die tragische Komponente im Vordergrund. Mit Ausnahme der Rolle von Despina, die den komischen Part übernehmen darf (in Bremen sehr glücklich ausgespielt). Die poetische Versführung ist leider in fast keiner Übersetzung gut getroffen, zumal, wenn sie verkürzt in deutscher Fassung projiiziert wird. Deshalb gilt es, intensiver auf die Orchestrierung zu achten, wie z.B. in der Abschiedsszene, wenn die Männer „in See stechen“, hören wir gedämpfte Geigen und Bratschen, weich begleiten die Basspizzicati und schwebende Bläsertöne das von sanfter Melancholie und echter Trauer gestaltete Bild.

Permalink to single post

Fräulein Julie, Schaubühne

Den Kern des Dramas hat das junge Regie- und Kameraensemble dazu benutzt, um die filmerfahrene hinreißende Jule Böwe als Kristin im Auge des Schicksalsorkans zu portraitieren und zwar mit allen filmischen und bühnentechnischen Mitteln, die man hier je sah – ein beachtliches Stück Arbeit, eine überraschende Leistung, und – für viele Theaterfreunde – immer wieder eine Ermutigung, nach skandalösen, enttäuschenden Inszenierungen an der Schaubühne, auf die nächste Aufführung zu hoffen.

Permalink to single post

Cyrano de Bergerac

Diese Inszenierung ist natürlich – mit allerlei Spaß und Witzelei – ein Bühnenvergnügen. Die umworbene Roxande blickt von Logenbalkon auf ihre Verehrer und einen Schauspieler auf der Bühne herab, den der aufgebrachte Cyrano erbarmungslos von der Bühne scheucht. Wir lernen: nichts ist für diesen Mann schlimmer als ein triviales Wortgemetzel. Selbst gewitzt und wortgewandt, gleichzeitig fechtend und dichtend, ist ihm kein Feind zu mächtig. Und so kämpft er bekanntlich wortgewaltig, doch anonym, um die geliebte Roxande, die erst im hohen Alter erfährt, wer sie so heiß geliebt hat..

Permalink to single post

Woyzeck, OL

„Das Stück handelt von Wahnsinn, Kindern, Obsession und Mord – von allem, was uns interessiert.“ (Tom Waits) — Ein Mann läuft durch seinen eigenen Albtraum. Er hetzt von einem Job zum nächsten, wird Objekt scheinwissenschaftlicher Experimente und verliert auch den letzten Halt: die Frau, die er liebt und ihr gemeinsames Kind. Zu sehen ist eine Kreatur, die sich selbst nicht mehr greifen kann, immer tiefer in eine Traumwelt abgleitet. „Jeder Mensch ist ein Abgrund, es schwindelt einem, wenn man hinabsieht.“ Für diesen Mann, der weiter rennt, auch wenn er schon längst am Ende ist, hat Tom Waits einen melancholisch, düsteren Soundtrack geschrieben. „Misery is the river of the world“ oder „God’s away on business“ heißen die Lieder, die Woyzeck in den Abgrund begleiten.
Mit den poppig-sentimentalen, aber auch ebenso angriffsstarken wie sozialkritisch-poetischen Songs von Waits und Brennan hat Georg Büchners Bearbeitung des Schicksals des Frisörs Johann Christian Woyzeck, der 1821 in einer Wahnvorstellung seine Geliebte ersticht, eine weitere Dimension erhalten.

« Older Entries Recent Entries »