Category Archives: Neue Inszenierungen

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Der Hofmeister, B

Die gesellschaftlichen Zustände jener Zeit haben Brecht und sein Team, Caspar Neher, Egon Monk, Benno Besson und Ruth Berlau als bewegte Bilder wie im Stummfilm auf Zelloloid gebannt, wenn auch nicht sehr professionell, aber doch mit genialen Einfällen, mit alten Kostümen und übertriebener Dramatik in Szene gesetzt. In der jetzigen, akuellen Version von Kühnel und Kuttner mit der kongruenten Musik von Matthias Trippner geistern diese alten Figuren in gespenstischen Zerrbildern über die Bühne jener Tage; Immer noch sind die Bewegungen ruckhaft, stakkatoartig und daher durchaus passend in ihrer grotesken Ambition, während der geraffte Text, bemerkenswert exakt auf die Leinwandbilder abgestimmt, von den Schauspielern auf der realen Bühne gestisch, dramatisch und episch dargestellt wird. Eine Farce, die das bittere Schicksal eines Menschen beschreibt, der sich erniedrigen und beleidigen läßt, ohne sich zur Wehr zu setzen. Sehenswert.

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Die heilige Johanna der Schlachthöfe, HB

Ein fulminanter Saisonauftakt! Schauspieler, die mit Leidenschaft und grundsolidem schauspielerischen Potenzial eine Aufführung hinlegen, die ich lange nicht so sah: Autorengetreu, sprachlich einwandfrei akzentuiert und nicht nur gesprochen, sondern jeder Satz durchdacht und nacherlebt, so dass das Publikum in atemlose Spannung versetzt wird. Die Bühne sieht am Ende wie ein Schlachtfeld aus, aber zu Recht: denn was die verantwortungslosen Viehhändler und geldgierigen Schlächter dem armseligen Arbeitevolk hinterlassen, ist ein blutiges, lebloses Schlachtfeld, auf dem sich nur noch die Finanzgeier tummeln. So radikal wie Bert Brecht diese Anklage dramatisiert hat, so poetisch und anspruchsvoll er seine peitschenartigen Statements setzte, so intensiv war und bleibt auch die Wirkung seiner Bitterkeit gegen einen mitleidlosen Kapitalismus, den er in Amerika während der Rezession erlebte, und von dessen Erlösung er sich 1947 mit dem Ruf an das ostdeutsche Berliner Ensemble ein besseres, jedenfalls ein anderes, gerechteres Dasein vesprach.
Aber das war eine andere Sache.

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Götterdämmerung, OL

Alles verhüllt in trauriges Grau, verborgen durch düstere Nebelschaden,Trübsinn wallt durch die kargen Räume der bäuerlichen Drehbühne. Im Vorspiel weben vor totem Geäst die drei Nornen am Schicksalsseil der Götter, jammern und klagen in dunkler Vorahnung; denn seitdem die Weltenesche ihr Holz für Wotans Speer spendete, verliert sie nach und nach ihr Leben. Doch nicht nur der Lebensbaum stirbt langsam ab. Noch einmal erzählen die Schicksalsgöttinnen voller Melancholie von den bisherigen Ereignissen, die sie ahnungsschwer in die Zukunft schauen lassen. Und dann reißt jäh der Faden…und die Nornen sind ihrer Aufgabe ledig. Auch der letzte Teil des epischen Musikdramas “Die Nibelungen” sind voller Explosivität und dramatischer Spannung. Ein Fest und Feuerwerk toller Stimmen und eines großartigen Orchesters!

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Die Walküre, OL

Der zweite Teil der in Oldenburg in vier Abende aufgeteilten mythischen Sagenwelt um Liebe und Macht und Gold und Tod und Untergang der Götter ist von mächtiger Dynamik, spannend, aufwirbeln, beunruhigend. Anfang und Ende bleiben in lebhaftester Erinnerung; denn so wie das Unheil sich bereits ankündigt, sobald der Fremdling Siegmund in der Waldhütte auf seine vor langer Zeit entschwundene Zwillingschwester Sieglinde trifft und beide in großer Liebe zueinander entbrennen, so nimmt das irdische Drama seinen Lauf bis in die Götterhimmel hinein; denn Wotan ist an all dem natürlich nicht schuldlos. Aber sein Disput mit seiner Lieblingswalküre Brünnhilde, die er für immer und ewig auf den vom Feuer umloderten Felsen verbannen wird, zeigt eine weite Dimension von Verfehlungen und Feinheiten der menschlichen Psyche.

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Das Rheingold,OL

Ein vielversprechender Ring-Auftakt, märchenhaft-verschwommen, vergnüglich bis verstörend; noch ist alles offen, aber mit einigen Akzenten weist die Inszenierung geschickt in die Zukunft der Götter, Halbgötter, Riesen und Zwergenwelt. Spannung durchzieht das Geschehen zwischen Betrug und Mord mit mehreren Tätern und Opfern, die wiederum ewige Rache und Verderben schwören und sich mit allerlei Tricks aus der Schlinge zu helfen versuchen. Eine rustikale holzvertäfelte Drehbühne öffnet sich für oft verschwommene Szenen im Flußbett der Rheintöchter sowie im Götterheim von Wotans Familie und in der düsteren unterirdischen Fabrik der goldschürfenden Schmiedgesellen unter dem Nibelungen Alberich. Kräftige Stimmen gestalten die einfalllsreiche Darstellung mit allen Höhen und Tiefen, was nicht ganz einfach ist, weil das Epos als Erzählung ja keine herkömmlichen opernhaften Spielräume hat. Das große Orchester garantiert einen dynamischen Fortlauf des Geschehens text- und tongenau. Begeisterter Schlußapplaus!A.C.
s. link zur ausführlichen Besprechung.

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Hokuspokus,B

Eine eher überraschende Interpretation ihres neuen Themas “Hokuspokus”, eine ernsthafte Fabel in und mit Masken und Musik von der “Schöpfungsgeschichte”. Lebendig wie eh und je, allerdings auch mit großer Zurückhaltung und Feinfühligkeit wird diesmal das Leben vom naiven Beginn im paradieschen Zustand von zur Menschwerdung bis zum Tod dargestellt. Das ist eher erschütternd denn erheiternd, die Momente des Abschieds aus dem Leben sind bedrückend und belastend, und der ausgleichend lebendige Mut und Spaß am Leben (das Markenzeichen der FLöz-Familie bislang), und sei es auch noch so tückisch, ist nur noch im Ansatz der pubertierenden Kinder und häuslichen Konflikte vorhanden. Zärtlich und sehnsuchtsvoll schwebt über allem der lyrische Gesang von Sarai O’Gara.

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