Category Archives: Oper/ Musiktheater

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L’Isola d’Alcina, OL

Eine Hommage an Europa. Beinahe wie bei Mozart: heiter, beschwingt, ein HImmel voller Melodien, nur dass sich hinter diesem köstlichen Schwank zwei Autoren verbergen, die man ansonsten eher selten hörte. Dass sich hier die Oper selbst verulkt, nicht nur in ihrer Choreografie mit schauspielerischem und musikalischem Übermut, sondern vor allem mit einem Metatext, der den Irrwitz des Geschehens selbstironisch kommentiert und jederzeit auch mit zeitgenössichenen Bonmots aktualisierend auffrischen und dekorieren kann. Eine fröhliche leichte Kost nach schwerem Ring-Menu. Überaus herzlicher langer Applaus.

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Don Carlo, HB

Diese Inszenierung besticht vor allem durch einige ungewöhnliche dramaturgische Einfälle: Da rackert sich ein von seinen Qualen gezeichneter Christus als Sisyphos mit einem zur Kugel geformten Bücherballast ab, diesen über die Stufen in der sich auftürmenden Bibliothek zu stoßen, vergebens, immer wieder muß dieses abseits agierende, von den Darstellern nicht wahrgenommene Sinnbild aller Vergeblichkeit einer um Frieden ringenden Menschheit von vorne beginnen; Stephen Clark darf mit seinem schönen Bass leidvoll Schicksal und Erlösung der Menschen beschwören und später sanft die verstoßene Elisabeth auf ein besseres Jenseits vertrösten.

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Götterdämmerung, OL

Alles verhüllt in trauriges Grau, verborgen durch düstere Nebelschaden,Trübsinn wallt durch die kargen Räume der bäuerlichen Drehbühne. Im Vorspiel weben vor totem Geäst die drei Nornen am Schicksalsseil der Götter, jammern und klagen in dunkler Vorahnung; denn seitdem die Weltenesche ihr Holz für Wotans Speer spendete, verliert sie nach und nach ihr Leben. Doch nicht nur der Lebensbaum stirbt langsam ab. Noch einmal erzählen die Schicksalsgöttinnen voller Melancholie von den bisherigen Ereignissen, die sie ahnungsschwer in die Zukunft schauen lassen. Und dann reißt jäh der Faden…und die Nornen sind ihrer Aufgabe ledig. Auch der letzte Teil des epischen Musikdramas “Die Nibelungen” sind voller Explosivität und dramatischer Spannung. Ein Fest und Feuerwerk toller Stimmen und eines großartigen Orchesters!

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Die Walküre, OL

Der zweite Teil der in Oldenburg in vier Abende aufgeteilten mythischen Sagenwelt um Liebe und Macht und Gold und Tod und Untergang der Götter ist von mächtiger Dynamik, spannend, aufwirbeln, beunruhigend. Anfang und Ende bleiben in lebhaftester Erinnerung; denn so wie das Unheil sich bereits ankündigt, sobald der Fremdling Siegmund in der Waldhütte auf seine vor langer Zeit entschwundene Zwillingschwester Sieglinde trifft und beide in großer Liebe zueinander entbrennen, so nimmt das irdische Drama seinen Lauf bis in die Götterhimmel hinein; denn Wotan ist an all dem natürlich nicht schuldlos. Aber sein Disput mit seiner Lieblingswalküre Brünnhilde, die er für immer und ewig auf den vom Feuer umloderten Felsen verbannen wird, zeigt eine weite Dimension von Verfehlungen und Feinheiten der menschlichen Psyche.

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Das Rheingold,OL

Ein vielversprechender Ring-Auftakt, märchenhaft-verschwommen, vergnüglich bis verstörend; noch ist alles offen, aber mit einigen Akzenten weist die Inszenierung geschickt in die Zukunft der Götter, Halbgötter, Riesen und Zwergenwelt. Spannung durchzieht das Geschehen zwischen Betrug und Mord mit mehreren Tätern und Opfern, die wiederum ewige Rache und Verderben schwören und sich mit allerlei Tricks aus der Schlinge zu helfen versuchen. Eine rustikale holzvertäfelte Drehbühne öffnet sich für oft verschwommene Szenen im Flußbett der Rheintöchter sowie im Götterheim von Wotans Familie und in der düsteren unterirdischen Fabrik der goldschürfenden Schmiedgesellen unter dem Nibelungen Alberich. Kräftige Stimmen gestalten die einfalllsreiche Darstellung mit allen Höhen und Tiefen, was nicht ganz einfach ist, weil das Epos als Erzählung ja keine herkömmlichen opernhaften Spielräume hat. Das große Orchester garantiert einen dynamischen Fortlauf des Geschehens text- und tongenau. Begeisterter Schlußapplaus!A.C.
s. link zur ausführlichen Besprechung.

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Erbarmen, HB

Es ist ein Abend der Tränen und des Trauerns mit einer tief ergreifenden, allen Kummer der Menschheit umfassenden Passionsmusik, die von den Schauspielern mit intensiver Präsenz auf grauer Bühne mit schwarzen Baumskeletten dargeboten wird, und die der große Leipziger Kantor vor 400 Jahren allen Zweiflern in einer grandiosen Uraufführung mit zwei Chören und zwei Orchestern entgegensetzte, die befürchteten, seine Oratorien seien gar zu weltlich, zu opernhaft, zu oberflächlich.
Nur – in den meisten Kirchen geben Passionsmusiken wie diese irgendwie Mut und Hoffnung angesichts der Sonnenstrahlen, die zuweilen durch die bunten Fenster dringen, angesichts der kunstvollen Ausstattung vieler Altäre und Orgeln und angesichts einer erwartungsfrohen Stimmung in Gedanken und im Glauben an eine Beständigkeit des Guten, an eine immer wieder sich erneuernde gerechte, sich erbarmende Menschheit. A.C.

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