Ulysses, B
“Mit seinem Ulysses aus dem Jahr 1922 ist James Joyce unterwegs an den Rändern des Erzählens. Auf der Folie von Homers Odyssee verfolgen wir die Wege und Irrwege Leopold Blooms durch den Dubliner Alltag des 16. Juni 1904. Umstandslos schichtet Joyce Ebenen übereinander, wechselt zwischen verschiedensten Sprachregistern, Stilen und Diskursen, verstrickt das Zischen gebratener Nieren mit Shakespeare-Diskussionen mit dem Friedhof mit dem Bordell. Ein Jahrhunderttext, der die Figuren, von denen er spricht, erst hervorbringt, multiperspektivisch in sich gebrochen, und dadurch nicht nur erfahrbar macht, dass Sprache mehr ist als Abbildung und Information, sondern zugleich die möglichen Voraussetzungn und Bedingungen gegenwärtiger Subjektivität in den Blick bekommt.” (Text: Dramaturgie)
Und nun versucht das Deutsche Theater in einer überwältigenden, rasanten Inszenierung, eben alle wichtigen Weltbetrachtungen und Reflexionen von Joyce aufzugreifen mit kaum mehr als 1o Schauspielern und einem, man möchte meinen, ebenso rasenden Regisseur, der seine Leute durch vier Stunden Ekstase treibt. Doch nicht wieder deren Willen und Wunsch. Gemeinsam hat Sebastian Hartmann, der Regisseur, versucht, mit seinem Ensemble das Feld zu beackern, das vor ihnen in einem Jahrhundertwerk vorliegt. Und es ist, wenn auch zu lang, ein wichtiger Versuch zur Bewältigung einer schier unendlichen Geschichte eine Bühnenadaption entstanden, die zu durchleben, zu ertragen, auszuhalten sich lohnt für jeden, der sich mit den bedrückenden und bedrängenden Fragen nach den Grenzen, nach dem Sinn, nach der Zukunft des Menschseins konfrontiert sieht.