Das Szenario ist nicht neu: apokalyptische Visionen nach der totalen Klimakatastrophe flammen zu aktuellen Anlässen wie der jetzigen Klimakonferenz in Paris auf. Aber sie verdrängen unsere Ängste nur bis neue Kriege aufflammen, islamische Fundamentalisten ihre Terrorherrschaft erweitern oder verarmte Länder um Hilfe nachsuchen. Für Wissenschaftler und Schriftsteller aber ist die Zukunft längst Gegenwart geworden, das Orwellsche Bild “1984”, das den gläsernen Menschen vor Unfreiheit und permanenter Überwachung warnt, ist längst Realität, ohne dass wir uns sonderlich aufregten. (In einer Bühnenversion am Berliner Gripstheater amüsierten sich die Schüler bestens.)
Das Theaterstück von Anja HIlling ist in dieser HInsicht nichts Neues, nichts wirklich Bewegendes, es zeigt nurmehr eine kleine neue Variante, nachdem die Erde Feuer gefangen hat und die tödlichen Strahlen die letzten Menschen in luftdichte Wohngehäuse verbannt haben. Jegliche Berührung kann gefährlich sein, Emotionen sind in Reagenzgläser verbannt. Drei Schauspieler versuchen, diese aseptische Welt irgendwie darzustellen, aber über eine dramatische Sprachführung kommt es nicht zum Spiel. Was nicht darzustellen ist: ein durch ein Attentat für immer verstrahlter Mann darf eine Frau nicht berühren, ihrer beider Liebe körperlich nicht erfüllen. Die Verzweifelte vereint sich mit einem anderen Mann, der den Geliebten gewissermaßen stellvertretend zum Vater werden läßt. Aber eine natürliche Geburt ist tödlich in diesem von nunmehr weißhäutigen und rothaarigen albinotischen Menschen bewohnten Enklave. Es gibt kein Entrinnen aus dieser Situation, in der mit Hilfe von 4oo bewahrten Filmkassetten eine nicht mehr vorhandene Welt rekonstruiert werden soll. Das schöne, farbenreiche, glitzernde Leben einer fernen Vergangenheit soll auf Tapeten übertragen werden. Gruseligerweise werden die Farben auf die rückseitige, nicht geschädigte Haut verstrahlter Menschen eingestochen werden. Schlimmer geht es wohl nicht. Dennoch herzlicher Beifall für das teilweise doch gelungene Bemühen der Schauspieler, Endzeitstimmung zu vemitteln. A.C.