Category Archives: Regietheater

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Schwarze Schwäne, OL

Betroffenheit, aber auch heiterere Momente beleben dieses kleine Drama, und sie werden am Ende ein großes Problem aufgreifen, vertiefen und doch niemals wirklich zuende bringen: Ein Robter tut, was ihm eingegeben wird, er führt feste Algorithmen* aus, denkt nicht, fühlt nicht, gehorcht der Logik. Und damit bleibt er fern aller Ethik und Moral. Er denkt nicht: Was wollen wir? Was können wir, was verlangt die Gesellschaft von uns, und was sind wir in der Lage, zu bewältigen?

Ein wirklich nicht leichtes Thema, aber so lebensnah, empathisch und verständlich von zwei ungemein engagierten Schauspielerinnen zu einem kurzweiligen und sehr nachdenklichen Spiel umgesetzt- vor einer dunklen Wand, auf der helle, sich wellenartig bewegende Linien vielleicht die menschlichen und technischen Gehirnströme zeigen sollen, während schneeweiße Plastikformen wie kleine Monumente die Bühne in das Geheimnis des Lebens hüllen. A.C.

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Die heilige Johanna der Schlachthöfe, HB

Ein fulminanter Saisonauftakt! Schauspieler, die mit Leidenschaft und grundsolidem schauspielerischen Potenzial eine Aufführung hinlegen, die ich lange nicht so sah: Autorengetreu, sprachlich einwandfrei akzentuiert und nicht nur gesprochen, sondern jeder Satz durchdacht und nacherlebt, so dass das Publikum in atemlose Spannung versetzt wird. Die Bühne sieht am Ende wie ein Schlachtfeld aus, aber zu Recht: denn was die verantwortungslosen Viehhändler und geldgierigen Schlächter dem armseligen Arbeitevolk hinterlassen, ist ein blutiges, lebloses Schlachtfeld, auf dem sich nur noch die Finanzgeier tummeln. So radikal wie Bert Brecht diese Anklage dramatisiert hat, so poetisch und anspruchsvoll er seine peitschenartigen Statements setzte, so intensiv war und bleibt auch die Wirkung seiner Bitterkeit gegen einen mitleidlosen Kapitalismus, den er in Amerika während der Rezession erlebte, und von dessen Erlösung er sich 1947 mit dem Ruf an das ostdeutsche Berliner Ensemble ein besseres, jedenfalls ein anderes, gerechteres Dasein vesprach.
Aber das war eine andere Sache.

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Hokuspokus,B

Eine eher überraschende Interpretation ihres neuen Themas “Hokuspokus”, eine ernsthafte Fabel in und mit Masken und Musik von der “Schöpfungsgeschichte”. Lebendig wie eh und je, allerdings auch mit großer Zurückhaltung und Feinfühligkeit wird diesmal das Leben vom naiven Beginn im paradieschen Zustand von zur Menschwerdung bis zum Tod dargestellt. Das ist eher erschütternd denn erheiternd, die Momente des Abschieds aus dem Leben sind bedrückend und belastend, und der ausgleichend lebendige Mut und Spaß am Leben (das Markenzeichen der FLöz-Familie bislang), und sei es auch noch so tückisch, ist nur noch im Ansatz der pubertierenden Kinder und häuslichen Konflikte vorhanden. Zärtlich und sehnsuchtsvoll schwebt über allem der lyrische Gesang von Sarai O’Gara.

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Die zwei Päpste, B

Der theologische Schlagabtausch zwischen Josef Ratzinger und Jorge Mario Bergoglio, elegant, emotional, geistvoll und schmerzlich, auf der Bühne zeigt zwei Pole. Zwei divergierende theologische Anschauungen und Ausrichtungen. Intellekt contra Herz. Vielleicht. Jedenfalls – als beide sich gegenseitig die große Lebensbeichte abnehmen hält man den Atem an; da schimmert etwas durch die Sphäre, dass kaum ein Gottesdienst in herkömmlicher Weise zu vermitteln vermag: Tiefste Gläubigkeit, gepaart mit der Sehnsucht nach Wahrhaftigkeit, um die Menschheit aus Not, Krieg, Unfreiheit, Armut, Krankheit, im Geiste des Jesu Christi zu befreien. Das verbindet beide Päpste tiefer als es zunächst möglich scheint.

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Gift, B

Wie man aus einem mageren, müden Text ein langsam sich offenbarendes und berührendes Ehedrama zaubern kann, ist immer wieder dem erstaunlichen Geschick der Dramaturgen, der Regie und natürlich der Darsteller zu verdanken, die leblosen Sätzen,oft nur Fragmenten, jäh Leben einhauchen und bei den Zuschauern tiefe Betroffenheit auslösen. Hier sind es die Lieblinge der Berliner, in Film und Fernsehen präsent und doch der Bühne treu geblieben: Ulrich Matthes und Dagmar Manzel, beide vielfach ausgezeichnet, Manzel 2014 für eben diese Rolle der Ehefrau, nur “Sie” genannt, mit dem Deutschen Theaterpreis “Der Faust”.

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Erbarmen, HB

Es ist ein Abend der Tränen und des Trauerns mit einer tief ergreifenden, allen Kummer der Menschheit umfassenden Passionsmusik, die von den Schauspielern mit intensiver Präsenz auf grauer Bühne mit schwarzen Baumskeletten dargeboten wird, und die der große Leipziger Kantor vor 400 Jahren allen Zweiflern in einer grandiosen Uraufführung mit zwei Chören und zwei Orchestern entgegensetzte, die befürchteten, seine Oratorien seien gar zu weltlich, zu opernhaft, zu oberflächlich.
Nur – in den meisten Kirchen geben Passionsmusiken wie diese irgendwie Mut und Hoffnung angesichts der Sonnenstrahlen, die zuweilen durch die bunten Fenster dringen, angesichts der kunstvollen Ausstattung vieler Altäre und Orgeln und angesichts einer erwartungsfrohen Stimmung in Gedanken und im Glauben an eine Beständigkeit des Guten, an eine immer wieder sich erneuernde gerechte, sich erbarmende Menschheit. A.C.

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