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Der Idiot, HB

Das Wesentliche der umfassenden Romanvorlage in einem “nur” dreieinhalbstündigen Schauspiel auf die Bühne zu bringen, ist ein beachtenswertes Unterfangen. Die Schauspieler können die verschiedenen Charaktere weitgehend ausleuchten, wobei der im Mittelpunkt stehende Fürst Myschkin, der den engen Vorstellungen einer auf Vorteil, Geld und Geltung ausgerichteten Gesellschaft in seiner naiven Gutmütigkeit und Ehrlichkeit unangenehme Wahrheiten sagt, als “Idiot” abgetan wird. Gleichwohl suchen alle seine Nähe, um sich unter dem Dach seines Titels und Vermögens als gleichwertig fühlen zu können. Dass Liebe und Tod auch hier die Hauptrollen spielen, könnte zum echten Drama gereichen.

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Die Zauberflöte, HB

Ein Spiel mit Licht und Schatten, leuchtenden eleganten Kleidern und Masken; Verdi -opernhaft- ägyptische Kostüme und Kopfputz verleihen der guten alten “Zauberflöte” ihren glanzvollen Charme.
Aber das ist dann auch beinahe schon alles, was man über die Inszenierung Erfreuliches sagen kann. Sie läßt bereits in der Overtüre keinen Zweifel daran, dass es sich hier um eine besinnlich-betuliche Interpretation einer alten Moral- und Geschlechterordnung handelt, die gar gemächlich im Orchester voranschreitet, das, aus langem Dornröschenschlaf erwachend, auf der geschmackvoll ausgestatteten Bühne sein stimmliches Pendent findet.

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Der Liebestrank, HB

Ein Schmankerl – nicht nur zur Weihnachtszeit, frisch und frech inszeniert mit allem Glamour und Glitzer, den die Welt des schönen Scheins uns täglich in Film und Fernsehen suggeriert. Wo der arme Depp, der abseits der irreführenden Illusionen in der schnöden Wirklichkeit verharrt, ja schier verzweifeln muss. Er ist kein Held, kein Charmeur und schon gar kein strahlender Superman, sondern nur ein unglücklich Liebender. Und er taumelt mit einer beseeligenden Musik vom tiefsten Kummer zum höchsten Glück, findet endlich sich selbst und seine Würde wieder und erobert damit auch die verehrte Frau, die ihn plötzlich – oh Wunder – mit anderen Augen sieht.

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Falstaff, OL

Alles ist auf Jagen ausgerichtet: Der liebestolle Sir John Falstaff, Ehemänner, Ehefrauen, Jungverliebte – jeder verfolgt hier jeden, die einen aus Übermut, die anderen aus Liebe oder Eifersucht, und alle erhalten zum Schluß, was sie verdienen. Das Orchester gibt dem Ganzen Tempo und Vitalität und läßt keinen Zweifel an der Interpretation des Regisseurs, der Verdis Komödie auch als solche inszeniert. Man muß sich diesmal an einen Falstaff gewöhnen, der eher einem Don Juan ähnelt als einem frivol-fetten Tunichtgut, der angemessen an der Nase herumgeführt wird. Das Fazit, es gibt keine wirklich dicken Baritone. Und das ist doch auch gut so oder?

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Evita, OL

Dem Oldenburgischen Staatstheater ist eine sehenswerte Inszenierung geglückt, weil es sich zum Einen an die erfolgreiche Vorgabe der Originalproduktion von Harold Prince hält, zum anderen, weil es in nur gut zweistündiger Aufführung den Lebenslauf der Eva Duarte Perón in vielfarbiger Leuchtkraft entfaltet. Da sind nicht nur die stimmlich variationsfähigen Darsteller, die dies Metier mit Auszeichnung im Musicalfach studiert haben, und Spiel und Gesang perfekt miteinander vereinen, sondern es gelingt eine effektvolle Gesamtharmonie von Orchester, Regie und Bühnenzauber.

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Anna Karenina, HB

Video-Aufzeichnungen dienen der Transparenz der Erzählung, die währenddessen auf der Bühne dargestellt wird, also als erweiterter Hintergrund und der Intensivierung der Wahrnehmung des Bühnengeschehens. Die Frage ist nur, ob dies immer und überall sinn- und wirkungsreich ist. Für diese vor allem von hervorragenden Sängern und einer stimmigen Choreografie getragene Inszenierung ist die hohe, auf hölzernen Stelzen in den Vordergrund gerückte Leinwand wohl auch bühnentechnisch wichtig, um damit die historische Differenz zwischen Tolstois Roman und seiner Umsetzung in eine zeitübergreifende Ebene zu projiizieren: Die schöne junge Anna nämlich verliebt sich nach neujähriger Ehe leidenschaftlich in den Grafen Wronsky, mit dem sie ein neues Leben beginnt. Ihr neunjähriger Junge wird nach der Scheidung dem Ehemann zugesprochen. Das scheinbare Glück ist jedoch so zerbrechlich wie Glas und steht im Zentrum einer gesellschaftlich umfassenden Tragödie: denn auch die beiden anderen Paare in diesem Epos können nicht miteinander glücklich werden. Die seelischen und realen Gründe können jedoch in der Bühnenversion nicht transparent gemacht werden.

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