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Michael Kohlhaas, B

Ferdinand Grimm soll unter anderem einmal gesagt haben, dass “Schauspieler ein besonderes Talent benötigten, um ein Stück von Heinrich von Kleist zu spielen”. Was mag er damit gemeint haben? Ernsthaftigkeit, Courage, Persönlichkeit, Einfühlungsvermögen? Diese Eigenschaften jedenfalls zeigten die vier Schauspielerinnen in ihrer Kleist-Adpation des bis zur blinddwütigen Raserei um sein Recht kämpfenden Rosshändlers Michael Kohlhaas. Zwar fehlt den Vagenten bekanntlich die großflächige Bühne, aber in dem möglichen Format des Kammertheaters zwischen einem teils erzählten und gespielten Handlungsablauf können sie nicht nur den vielen Schülern, die ihre Stücke anschauen, ein gutes Beispiel dafür geben, wie man eine kunstvolle alte Sprache handhabt, sondern auch, wie sich Kleist’s Charaktere im Sprachspiel lebendig ausformen lassen.

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Internationale Tanztage, Système Castafiore, OL

Die Oldenburger Tanztage mit international hochkarätigen Angeboten stehen jetzt zum 15. Mal im Zentrum der hiesigen Kultur und sind Anlaufspunkt für viele Tanz- und Ballettfreunde. Die verschiedenen Beiträge sind so einzigartig, auserlesen, so differenziert, so dramatisch und künstlerisch phantastisch, dass sie damit auch zugleich einen große Hoffungstrahl in unsere Zukunft senden. Solche Schaffenskraft und Freude wird nicht vergehen. Aber was soll man von den über 40 Angeboten anschauen? Am besten alles, an vier Spielorten zu versetzten Zeiten und mit Wiederholungen der Programme ist einiges zu bewältigen. Tanztheater in allen Facetten!

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Internationale Tanztage: Fosssile , OL

Die Schwere des Werdens, die Leichtigkeit des Seins – Was war zuerst? Das Chaos oder das Paradies – nach bisherigen Wahrscheinlichkeiten war es das Chaos, und aus diesem wuchs das Leben aus einem winzigen Zellkern, wuchs und wuchs und wandelte sich, und eines Tages wurde es aus dem Meer mit mächtigen hohen Wehen ausgespuckt. Das neue Wesen war nackt und krümmte sich, wusste nichts mit sich anzufangen und flüchtete in eine Höhle. Aus dieser flogen eines Tages, nachdem das Wasser sich zurückgezogen hatte, eine Menge weißer grober Knochen in die halbdunkle Welt, und der Mann kroch ebenfalls heraus, verwundert, was denn diese Knochen bedeuteten; er stapelte sie aufeinander und meinte, sich mit ihrer Hilfe nun vorwärts bewegen zu können. Er nahm das Skelett vor die Brust und betrachtete den toten Schädel. Alles passte irgendwie und auch auf seinen Körper? Da kam die Frau hinzu, aus der Höhle oder aus dem Nichts – oder sie war schon immer da, und beide wunderten sich.

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Energetic Emotions, OL

Die fünf Tangos von Antoine Jully zeigen in engster Verknüpfung des klasschen mit dem freien Ballett – neben den kaum mehr wahrnehmbaren rigiden Rhythmen der spanischen Geschlechterkampfes – in dieser symbiotisch arrangierten tänzerischen Ausformung ein neues, zeitgemäßes Paar- und partnerschaftliches Miteinander. Der Kampf um die Vorherrschaft mag unterschwellig stets vorhanden sein, aber hier eher als gleichwertige Auseinandersetzung und dem Herausfinden der eigenen Möglichkeiten in der Beziehung. Tänzerisch folgen in fünf Bezeichnungen oder Zuständen eingetaktete Variationen mit spannungsreichen Intermezzi der einzelnen Paare, die, mal als Formation im Ganzen, dann wieder vereinzelt – ihre Interpretation von Piazzollas Musik in dynamisch artifiziellen bis zärtlich hingebungsvollen Bewegungen erleben und erklingen lassen.

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Das achte Leben (für Brilka), HB

Die Biografie der Familie Jaschi beginnt nach der Zarenermordung mit der Begeisterung der Bolschewiken für Lenin, folgt der Schreckensherrschaft Stalins und seiner Mitläufer bis zu seinem Tode, dem gefährlichen Chaos um und mit Chruschtschow, gefolgt vom Hardliner Breschnew, umgarnt von deutschen Politikern, dann Gorbatschow, der nicht als Weltenretter, sondern den Georgiern als Wolf im Schafspelz in bitterer Erinnerung geblieben ist und dann, unberechenbar auch Jelzin. Und nach dem kurzen Aufatmen für die sowjetischen Länder, ihrer völligen Überforderung, von heute auf morgen in die Demokratie einzutreten, ohne im Besitz des Türöffners zu sein, wieder mit Aufständen, Krieg und Hunger und Existenznöten belastet, kämpfte sich dieses Georgien abwartend und verunsichert durch die Zeiten – bis zum heutigen Tage zwischen den Fronten stehend.
Der Sohn und Beschützer der Familie Jaschi, der Marineoffizier Kostja, sieht kurz vor seinem Tod und nach verlorenem ideologischen Vertrauen in die Politik der Sowjets, mit großer Klarheit und Traurigkeit, wie unentschlossen, bequem und gutgläubig sein Land allen Diktatoren gefolgt ist, aber auch, wie hilflos es als Anhängsel im Süden des großen Reiches seine Rolle akzeptieren musste: zu klein, um selbst in das Geschehen erfolgreich eingreifen zu können, zu groß, um übersehen zu werden. Ein dramatisches Familienepos über ein Jahrhundert. Nach sieben Generatonen Stagnation liegt nun alle Hoffnung einer neuen Zukunft bei der jungen Brilka, die voller Übermut, Verwegenheit, selbstgewiss und energisch zwischen den Welten lebt. A.C.

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Das Himmelszelt, B

Ein Gerichtsdrama von Lucie Kirchwood, erschienen 2020 Deutsch  von Corinna Brocher Deutsches Theater, 2022 Regie: Jette Steckel, Dramaturgie Anika Steinhoff, Bühne Florian Lösche, Kostüme Andrea Schraad, Musik Mark Baldur, Choreographie Dominika Knapik, Licht Matthias Vogel, Maske Andreas Müller, Chorleitung Benedikt Reidenbach Jury: mit Leilla Abdullah, Lena Brückner, Karin Neuhäuser, Franziska Machens/Kotbong Yang, Almut Zilcher, Birgit Unterweger, Linda Pöppel, Anja Schneider, Birte Schnöink, Dominika Knapik, Ursula Werner; Gerichtsdiener, Ehemann: Manuel Harder, Arzt: Enno Trebs, Tochter der Hebamme: Livia Mello Wagner/Ylvie Wolff

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