Der gute Mensch von Sezuan, HB
Wahrscheinlich aus pädagogischen Gründen, und weil man doch meint, das Vermächtnis Berthold Brechts hüten zu müssen, zeigt man in gewissen Abständen seine Werke, verschlankt, aufgepeppt mit Modernismen, karikiert in der Personenausformung, aber doch mit Anspruch der Moral auf deutschen Bühnen. Jetzt also “Der Gute Mensch von Sezuan”: in der Hauptrolle zwei junge Schauspielerinnen, die die arme, gutmenschliche Shen Te und ihr zweites, strengeres Ich mit Überlebenswillen, als Vetter Shui Ta, gleichzeitig als inneres und äußeren Schattenspiel darstellen. Das verquirlt ein wenig durcheinander und führt zuweilen zu Irritation.Vielleicht auch steht das geschundene, stumm schreiende Ich zu sehr im Vordergrund, während die tapfer kämpfende männliche Seite des Mädchens sich erst allmählich entfalten kann. Drumherum viel arme, böse, gerissene, traurige, hungrige Menschen aus dem Kiez. Aber ihnen kann geholfen werden. Wodurch? Keine Ideologie erreicht, was der Mensch aus Liebe schafft. Und so können die drei Götter wieder einigermaßen zufrieden abziehen. Die Zuschauer auch.