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Liliom, OL

Liliom ist Animateur und Schiffschaukelschleuderer auf dem Wiener Jahrmarkt und bitterlich vom Leben entäuscht. Diese Inszenierung ist alles andere als bunt und grell und über jegliche Rummelplatzatmosphäre erhaben. Stattdessen herrschen tiefste Depression, Elend, Ausweglosigkeit und Spracharmut. So kärglich wie ihr Wortschatz und die Empathie der Menschen für einander ist auch die Umsetzung des einst hoch gelobten sozialen Dramas. Und auch die Hölle bringt weder Liliom noch uns Erlösung von der prekären Pein.

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Anita Augspurg, Verden

Aufrecht, würdevoll, gütig, leiderfahren – so steht sie vor uns, einem kleinen Publikum. Die Zuschauer, Frauen und Männer, warten im feinen Bibliotheksraum des Verdener Pferdemuseums auf Anita Augspurg, alias Birgit Scheibe. Eine junge Schauspielerin spielt eine alte, sehr alte Frau. Im Jahr 1943 ist diese Frau 80 Jahre alt; sie wird nicht mehr lange leben, sondern ruhig und gefasst ihrer vor fünf Monaten gestorbenen langjährigen Lebensgefährtin Lida Gustava Heymann am 20. Dezember folgen. Ihre ersten Worte, ihr Lebensmotto, werden daran erinnern, dass die Würde des Menschen etwas sehr Zerbrechliches ist und dass es wichtig ist, nicht an der eigenen Ohnmacht zu verzweifeln! Sie hat für die Rechte der Frauen gekämpft, gearbeitet, geschrieben und auf den Bühnen der Politik gestanden.

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Nora oder ein Puppenheim, HB

Der Regisseur hat Ibsen beim Wort genommen und seine Akteure in ein Puppenhaus gestellt, umschlossen von einer hohen dichten Grünpflanzenmauer. Und so agieren sie auch: steif, von einer äußeren Macht geführt, in Rollen versetzt, denen sie nicht widersprechen können. Zaghafte Versuche, aus ihren Zwängen auszubrechen, sind zum Scheitern verurteilt. Allerdings kann der Textunkundige die menschliche und gesellschaftliche Tragödie, die sich hier abspielt, nur annähernd verstehen. Denn die Umsetzung eines hinreichend ausgeschöpften Themas der Weltliteratur in ein verwirrendes Rollenspiel programmierter Menschenpuppen beinhaltet ein comedyähnliche Sprechblasenstakkato, eine genderübergreifende Rollenverteilung und eine durchgehende Tiefkühlatmosphäre. Sie verzichtet weitgehend auf inhaltliche Fortschreibung.

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Nora, Gorki,B

Wer ist diese Nora, was will sie wirklich? Sicher, getreu Ibsens Vorlage, verlässt sie ihren Mann, als sie dessen Eigenliebe und Unnachgiebigkeit erfährt – und Peter Kurth wird zum wahren Wüterich, zum Berserker, der, einem Herzinfarkt nahe, so entsetzlich ausrastet, dass seine Reaktion als psychopathisch zu bezeichnen wäre. Und dann – jäh der Umschwung, als er den Schuldschein in der Hand hält, und er seine Frau wieder in die Arme nehmen möchte. Vergeben und vergessen das strafbare Delikt der Urkundenfälschung, alles ist gut, denn: Stellung und Reputation sind gesichert, die Familie, sein Name vor allem, ist wieder rein gewaschen. Dieser Torvald Helmer ist kein kühl kalkulierender Geschäftsmann, der den strikten gesellschaftlichen Regeln der alten Bourgeoisie verhaftet ist, sondern ein emotionaler Mensch, der sich seiner Rolle nicht wirklich sicher ist und Halt in strikten Regeln sucht. Hilke Altefrohne spielt eine unsichere Nora und Peter Kurth einen unkontrollierten Wüterich.

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Nora, Vaganten,B

von Henrik Ibsen Vaganten Bühne,Berlin Regie und Bearbeitung: Folke Braband Kostüme: Stephan Dietrich, mit Esther Linkenbach, Konstanze Proebster, Fritz Bleuler, Romana Fuhrmann, Otto Strecker Das Schicksal der Unmündigkeit Während die “Nora” Inszenierung an der Schaubühne am Lehniner Platz unter allen Theaterexperten Furore machte und man hingerissen war wegen eines Aquarium, in das der unliebsame und selbstzufriedene Ehegatte am Ende dümmlich hineinplumpst, spielte sich eine kleine, aber sehr viel feinere Nora-Inszenierung in die Herzen ihrer Zuschauer: An der Vaganten Bühne zeichnen

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Nora, OL

Nora, immer wieder Nora – aber warum? Eine Frau, die aus ihrer Rolle als hübsches, anschmiegsames Frauchen ausbricht und erwachsen wird. Emanzipiert ist sie deshalb vielleicht noch nicht. Aber indem sie ihren ehrgeizigen, zwanghaft moralinsauren und unbarmherzig gesetzestreuen Mann verläßt, rettet sie ihre Würde als Mensch und als Frau. Ihre Kinder wird sie zurücklassen, vielleicht nur vorübergehend. Aber sie hat durch eigene und fremde Lebenslügen erkannt, dass Abhängigkeit durch Angst und Unfreiheit entsteht, und dass ihr Schicksal von ihr selbst bestimmt werden kann. Psychologisch durchleuchtete Charaktere machen Ibsens Drama als klassische Verstrickung menschlicher Unzulänglichkeiten transparent. In der kargen Oldenburger Inszenierung dominiert eine hohe Wand, die ebenso schwer zu bewegen ist, wie die festen Grundsätze der Menschen, von denen jeder nur an sich selber denkt.

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