Don Pasquale

von Gaetano Donizetti
Komische Oper

Musikalische Leitung:   Maurizio Barbacini, Inszenierung: Jetske Mijnssen,
Bühnenbild: Paul Zoller, Kostüme: Arien de Vries, Dramaturgie: Malte Krasting,
Chöre: Robert Heimann, Licht: Franck Evin
Don Pasquale: Jens Larse; Ernesto: Adrian Strooper; Doktor Malatesta: Günter Papendell;
Norina: Christiane Karg  Ein Notar: Ingo Witzke

Wer zuletzt lacht…

Ein schwarz lackierter mit goldenen Verzierungen glitzernder Sarg thront inmitten des Raums, glänzendes Symbol menschlicher Vergänglichkeit, speziell der von Don Pasquale. Doch der denkt noch längst nicht ans Ableben und schon gar nicht daran, seinem vorwitzigen Neffen sein Erbe zu hinterlassen, damit der es mit seiner minder begüterten Freundin durchbringt. Lieber läßt er sich von seinem Arzt doch gleich selbst noch eine junge Schöne verschreiben, die er zur Auffrischung aller Lebensgeister rasch zum Altar, respektive zum Notar führen will.

Mit dem universell einsetzbaren Jens Larsen hat Jetske Mijnssen einen wunderbaren, überhaupt nicht lächerlichen, eher zeitweilig bemitleidenswerten Protagonisten in die Mitte des Raums und allen Geschehens gestellt, der sich jäh, von aller körperlichen Unbill befreit, als werbender Jüngling in dem Glauben sieht, mit neuer Manneskraft ein neues Lebensglück zu finden – und dem Tod ein Schnippchen schlagen zu können. Er ist rührend, dieser Don Pasquale, auch und wenn er über alle Stühle stolpert, und der ihn umgebenden Heuchelei und Scharlatanerie blind in die Falle folgt. Mit dem Starrsinn des Alters und einer feurigen Liebesglut geschlagen, läßt er sich von der flotten und liebestollen Norina gar zu gern und schnell bezirzen. Und diese, mit Christiane Karg ebenso bezaubernd wie keck und kühn, ist ohnehin durchaus allen männlichen Wesen in ihrer Umgebung hingebungsvoll zugetan. In keinem Augenblick läßt sie für alle, die sehen können und hören können, auch nur den leisesten Zweifel an ihrer Unaufrichtigkeit und Absicht aufkommen: den Alten schnell mit einem falschen Notar das Eheversprechen abzuluchsen, ein  ausschweifendes Party-Leben zu führen, das Geld zum Fenster hinauszuwerfen und Don Pasquale fortwährend so zu schikanieren, dass er sie schnell möglichst wieder fortjagen möchte – natürlich mit einer ansehnlichen finanziellen Abfindung… 

Dass sie wirklich Pasquales Neffen liebt und den ganzen Zauber nur seinetwegen aufführt, glaubt man dank dieser köstlichen Inszenierung nicht eine Sekunde. Ist dieser doch auch gar zu trottelig in seinem artigen Pullover-outfit, der unglücklichen Brille und den fein  gekämmten Haaren! Adrian Strooper spielt diesen Ernesto bemitleidenswert, jammert mit betörend flehenden Tönen um seine Norina und versteht nicht einen Moment den wahren Betrug. Ebenso blind wie sein Onkel torkelt er durch die brodelnde Erotiklandschaft, ohne auch nur irgendetwas wahrzunehmen! Dass dieser gewiefte Doktor ihm seine Geliebte vor der Nase mit dem Onkel verkuppeln und ihm auch noch glaubhaft machen will, dies sei zu seinem Besten, kann wirklich nur solch ein Naivling glauben. Um ihn herum tobt das Laster, in jeder Minute, ob unter dem Sargtresen oder hinter dem Rücken von Neffe und Onkel balgen und kopulieren Norina und der scheinbar so seriöse Doktor Malatesta, dass einem Hören und Sehen vergeht. Aber das ist man ja in der Komischen Oper gewöhnt, Feinheiten sind hier stets fehl am Platze.

Dass sich die ganze Geschichte – einst nach den Regeln der Kunst der Comedia dell’Arte mit schnellsten Koloraturen und Pizzicati ausgeschmückt, hochkarätig mit Schwung und Schmiss komponiert – dann jäh wie eine Kriminalstory auflöst, schafft schon Verwunderung – und Anerkennung, hätte man doch sonst nicht gewusst, was diese Inszenierung bezwecken sollte. Oper undInszenierung sind nicht so spritzig wie die humorvollen und kapriziösen Tonkaskaden Donizettis es eigentlich erzwingen sollten – aber sie ist schon ein erlebenswerter Spaß, der Sänger, Chor und Orchester mit pointierten Arien und temporeichen Rezitativen harmonisch vereint. A.C.

Hinterlasse eine Antwort

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *


acht − 7 =