Category Archives: Oper/ Musiktheater

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Rigoletto, B

Es ist eine Aufführung, ein Abend, den man so schnell nicht zu den Akten legt. Patrick Lange verleiht der vitalen, weithin sich verströmenden und in vielen Nuancen hauchzarten, erregenden und bewegenden Oper Verdis eine Präsenz, die sich unmittelbar und unzweifelhaft der menschlichen Finsternis zuwendet. Das Spiel in der Gasse kannte kein Pardon weder mit den Herrschenden und Mächtigen, noch mit ihren Vasallen und den Krüppeln des Lebens – als Spott und Spielball des Volkes eroberten sich diese Inhalte zunächst als pantomimische Darstellungen die Bühne, wo Rührseligkeit und Realität beißend auf die Spitze getrieben wurden. Der Schock feierte fröhliche Urständ. Für Franzosen und Italiener ein Spiel, mit dem sie umzugehen wussten. Für die deutsche Mentalität gerät die Wirkung zu sehr ins Wahrhaftige. A.C.

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Maria de Buenos Aires, B

Von Erotik, von fiebernden Leidenschaften, vom Liebeskampf der Geschlechter ist diese Inszenierung weit entfernt. Sie ist stellenweise langatmig, zuweilen grausam, dann wieder banal. Wären da nicht die wunderbaren Bandoneons, mit denen die Paare ausgestattet sind, und die sie mal als Instrumente, mal als Sitzmöbel, dann wie eine Geliebte in den Armen halten – oder, lang ausgedehnt, als gemeinsame rote Schutzwand im Daseinskampf in den Armenvierteln von Buenos Aires benutzen, dann wäre die Performance nicht weiter aufregend — im Kontrast zum einfühlsam spielenden Orchester, dessen Intonation so gar nicht dem hoffnungslosen Text und Ambiente entspricht, sondern zärtlich aufhorchend dem Leben die schönen Saiten abgewinnt. A.C.

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Peter Grimes, HB

Markus Poschner treibt das Orchester wie der Orkan das Meer vor sich her und läßt die Wellen meterhoch wüten. Da sind nicht nur die zarten Versuche von Peter und Ellen aussichtslos, einander näherzukommen, auch die mögliche Entfaltung einer zeitlosen Dramatik menschlichen Urteils und Vorurteils sowie dem Wahn, in materieller Überlegenheit seinen gesellschaftlichen Wert zu sichern und damit gegen alle Stürme gefeit zu sein, kann diese Bühnenversion nicht erreichen. Dennoch: die musikalische Intensität hält den Besucher dieser Aufführung in ihrem Bann. A.C.

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Rigoletto, HB

Die dunkle Seite ist zuerst da, und sie bleibt fortwährend präsent: der Macht des Schicksals schleicht sich als schwarzer Schatten mit langen Spinnenfingern geisterhaft und wesenlos auf die Vorbühne, unheilverkündend, wie die dunklen Streicher. Und auf der anderen Seite der Bühne hockt das Alter Ego Rigolettos, ein Mann, verwachsen, kleinwüchsig wie der Glöckner von Notre Dame. doch rachedurstend, mordbereit. Ein Messer, vom Schicksal dargeboten, blitzt auf, von düsternen Vorahnungen des Orchesters begleitet in diesem psychologisch tiefgründig inszenierten Spektakulum um Liebe, Eigenliebe, Egoismus und Macht. Zu bewundern ist ein homogenes Zusammenspiel von Orchester, Regie, Bühne und Sängern; vor allem bestechen in der Aufführung, die zu Halloween gruselig angeglichen spielte, Claudio Otellis Rigoletto, Marysol Schalits Gilda und Hyojong Kims Herzog mit leidenschaftlicher Stimmführung.

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Xerxes (Serse), OL

Eingebettet in ein Sängerensemble mit prachtvoller Besetzung und die sich in alle Gefühlsnuancen einfühlende Begleitung eines wundersam sich auf und ab bewegenden Orchesters präsentiert das Staatstheater eine kurzweilige Inszenierung mit einigem Hintersinn. Unter einer dem barocken Zeitgeist Händels ebenso verbundenen wie dem kritischen Auditorium der Neuzeit dienenden Regie läßt sich die durchaus in Spannung gehaltene Handlung durch geschickte Kürzungen genüsslich verfolgen. Viel Beifall gibt es am Ende für ein barockes Kleinod, das zu neuem Leben erweckt wird. Da betet der kindlich verspielte Herrscher aus dem sicheren Guckkastenversteck eben noch seine geliebte Platane an – und welcher Natur- und Kunstfreund fühlte sich nicht zu prachtvollen Bäumen hingezogen – da verläßt er auch schon die in melodischen Schwüngen besungene Eintracht zwischen Mensch und Natur und begehrt seines Nächsten Braut.

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Die Akte Carmen, B

Die Ouvertüre kündigt an, was hernach geschehen wird: warme Saxophonklänge, zärtliche Geigen, jubilierende Klarinetten wechseln mit den wilden Schlägen und den beatartigen Rhythmen der künftigen Entwicklung, während vorne auf der schmalen Bühne das auf Kammerformat glücklich zu geschnittene Operndrama seinen Anfang nimmt: Grobe Polizisten und Soldaten traktieren die schüchterne Michaela, die ihrem Jugendfreund José die innigsten Grüße der Heimat überbringen möchte. Dann tänzeln einige der Fabrikarbeiterinnen auf die Bühne, um die Pause zu einem kleinen Flirt mit den Männern zu nutzen. In die gewohnte Tändelei hinein bahnt sich eine wundersame, faszinierend dunkel getönte Stimme ihre Vormachtsstellung; Carmen, die unbeherrschte Anführerin des schweren Auseinandersetzung zwischen den Mädchen, fängt José, den Neuling der Wachmannschaft, im Feuerflug ihrer funkensprühenden Verheißung ein. Michaela ziehtnach einem zunächst hoffnungsvoll übereinstimmenden Duett unverrichteter Dinge wieder ab. Das fesselnde Spiel um Liebe und Freiheit hat begonnen.

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