Eisler on the Beach,B

Ein Projekt von Tom Kühnel und Jürgen Kuttner
Deutsches Theater Berlin, 2018
Es spielen: Maren Eggert, Daniel Hoevels, Jürgen Kuttner, Ole Lagerpusch, Jörg Pose, Thomas Neumann, Simone von Zglinicki; es spielt die Bolschewistische Kurkapelle Schwar-Rot; Marlene Blumert und Kristina Trömer sind für die Live-Videos verantwortlich. Kostüme: Daniel Selig, Bühne Jo Schramm, Dramaturgie: Claus Caesar

 Eine kommunistische Familienaufstellung mit Musik

Wer wirklich etwas über das persönliche, politische und künstlerische Leben des österreichischen Komponisten Hanns Eislers (6.7.1898 in Leipzig, 6.9.1962 und Berlin) erfahren möchte, dem sei empfohlen, bei wikipedia u.a. nachzuforschen. Es zeigt sich nämlich, wie absurd diese Theaterinszenierung ist; sie sagt beinahe gar nichts  -weder über die engagierte politisch-kommunistische Einstellung Eislers noch über sein umfangreiches kompositorisches Oevre und seine weitreichenden künstlerischen Beziehungen und weltweiten Erfolge aus.

Wer sich bisher nicht mit Eisler beschäftigt hat und nun vor dieser turbulenten Aufführung steht, die sich auf mehreren bühnentechnischen Ebenen sowie im inhaltlichem Wechsel zwischen den Zeiten und Orten bewegt, erfährt nur bruchstückhaft (zuweilen in sehr alberner Posierung) Genaues über Eislers Jahre in Österreich, Amerika und zuletzt Ostberlin, die Umtriebe seiner Geschwister, die Lösung von den familiären Banden und wie er seinen eigenen Weg im Kommunismus sah. Die zahlreichen Videoeinschübe, die seinen Lebensweg aufzeichnen, sind hübsch in ihrer Dreidimensionalität, ein spielerisches bühnenwirksames Beiwerk, setzen auch einige humorvolle Akzente, tragen aber eher zur Verunsicherung in dieser collagenhaften Inszenierung bei. Von den an der Bühnenseite drapierten Musikern in Kampfanzügen ertönt die bissige, schmissige Kampfmusik, die wir von Bert Brechts Theater kennen, und die ein gewaltiges Potiential an revolutionärem Pathos übertragen. Das ist das Beste.

Also für viele Besucher eine verpasste Chance, diesen faszinierenden, mit Bert Brecht und Ernst Busch und vielen anderen Künstlern (Schönberg als seinen Lehrmeister) seiner Zeit auf eine dramaturgisch klare Ebene zu stellen – und einfach (wenn es das denn wäre) das Leben dieses Mannes ernsthaft zu beleuchten, die politischen Wirrnisse und Verirrungen des vorigen Jahrhunderts in entsprechenden Bezug und ein realistisches Licht zu setzen und dabei die Motive und Momente der Kunstschaffenden zu analysieren, die der Arbeiterbewegung in ihrer Jugend ganz sicher ernsthaft zur Seite standen, aber später doch vor allem um ihre eigene künstlerische Anerkennung besorgt waren.
Dass sich bei unterschiedlicher Intensität eines poltischen Engagements Geschwister entzweien und ihrer eigenen Wege gehen – wen interessiert das wirklich außerhalb ihres persönlichen historischen Bezugs zum Kommunismus des vorigen Jahrhunderts? Ob sie nun während ihres USA-Exils vor dem  Untersuchungsausschuss für unamerikanische Umtriebe gestanden und sich rhetorisch politisch perfekt geschult durchgekämpft haben, ob sie sich zuweilen mehr oder minder solidarisch verhalten oder ideologisch so fanatisch und selbstmörderisch wie Bruder Gernard Eisler, ob sie wie Schwester Frieda an der Welt und an den barbarischen Exzessen des realen Bolschewismus schließlich verzweifelten oder sich wie Hanns auf die sichere Seite der musikalischen Protestes geschlagen haben- das mag alles in mit der vVdeo- und Filmsequenzen ausgestatteten Inszenierung wohl einigermaßen spannend wirken – aber letztlich bleibt die Frage – nachdem sich der nicht vorhandende Vorhang auch nicht geschlossen hat – offen: was ist die Aussage, und was ist die Botschaft dieses Spiels? A.C.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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