Der Impresario, OL

Komödie  nach Carlo Goldoni (1707 geb. in Modena-1763 verst. in Paris  )
in einer Fassung von Robert Gerloff und Verena Katz

Komödie  nach Carlo Goldoni (1707 geb. in Modena-1763 verst. in Paris  )
in einer Fassung von Robert Gerloff und Verena Katz
Oldenburgisches Staatstheater, 2024
Regie Robert Gerloff, Dramaturgie Vernea Katz, Bühne: Maximilian Lindner, Kostüme: Lara Hohmann, Musik: Imre Lichtenberger-Bozokoi, Choreografie: Zoe Knights, Licht: Arne Waldl
mit: Anina: Zainab Alsawah; Beltrame:Meret Engelhardt; Carluccio: Gerrit Frers; Theatergott: Kammerschauspieler Thomas Lichtenstein!, Lurcrezia: Caroline Nagel, Florindo: Yasin Özen, Lasca: Tobias Schormann, Maccario: Klass Schramm, Pasqualina: Katharine Shakina, Silvio: Darios Vavsi, Chindyrella, Livemusk: Cindy Weinhold!, Tognina: Franziska Werner

Ein Kaleidoskop der menschlichen Komödie

Ein turbulenter Reigen um die 1759 in Venedig erstmals aufgeführte schöne alte Komödie von Carlo Goldoni, der, ein Lustspieldichter mit großem Herzen, seinen ungeliebten  Anwaltsberuf nur allzu gerne an den Nagel hängte, als er endlich Erfolg mit seinen Theaterstücken hatte. 1662 zog er von Italien nach Paris, wo er die letzten 31 Jahre seines bewegten Lebens verbrachte. Schon als 17jähjriger Student  verfasste er nach dem Vorbilder der antiker Komödien seine ersten Theaterstücke. Aber sein großes Vorbild war Molière.

Das Oldenburger Ensemble bringt die Urform der Comedia dell’arte als Vorspiel, in dem sich die Bewerber um ein Engagement mit allen ihren guten und typischen Schauspielereigenschaften in zwei Durchgängen selbst inszenieren, immer wieder verschmitzt durch die bunten langen Verhänge lugen und stolpern bis sich das Spiel als modernes Showtheater entfaltet, sich zwei Entertainer – eine furiose Dame und ein Partner, lässig-affektiert – als Gesandte des unsichtbaren Impresario’ in selbstverliebter Darstellung profilieren und die Damen und Herren mit allerlei Aufgaben für das legendäre Theater in Smyrna vorbereiten.

Man schaut mit sehr viel Humor und typischer Persiflage in den Betrieb der armen Künstler, die sich ganz schön verbiegen müssen, um eine Rolle zu erhalten, um ihre Existenz zu sichern und natürlich um ihre Talente zu zeigen. Daher ist ihnen auch keine Aufgabe zu blöd, die der anonyme Impresario ihnen stellt, sie spielen halt alles, was von ihnen verlangt wird: ob Hühnchen oder Damenduett, ob Soubrette oder Jazzsängerin, ob alberne Hasenmonster, egal, der Wille versetzt Berge – und auch der wuchtige Theatergott, der mit schmeichelnder Stimme diplomatisch besänftigend auftritt und als solcher als solcher wie ohnehin als Kammerschauspieler ein ewiges Leben hat. Er behütet die Charge und zeigt den jungen Leuten, wie man richtig artikuliert und sich in Szene setzt. Er sucht sich sogar unter den Eleven einen jungen Nachfolger aus, der als Merkur, mit Gitarrenspiel und bekränztem Haupt schon seine Rolle gefunden hat.

Die Inszenierung enthält alles erdenklich Absurde, gewürzt mit guten Bonmots und passender Kritik,, die die Theaterbürokratie treffen, in der trockene Juristensprache gegen Bühnenfreiheit und Lebendigkeit steht. Und doch ist es heutzutage schon sehr viel besser um die Selbständigkeit der Künstler bestellt, wenn auch die Frauen noch immer um Anerkennung und weibliche Würde kämpfen. Doch auch das Theater selbst bangt zuweilen um seine ureigenste Intention: als Überbau der Wirklichkeit das Phantastische, die  Utopie vorzuführen, das, was sein könnte, aber nie sein wird, weil die Fiktion nur auf der Bühne Realität sein darf, sonst ginge beides verloren, und das Theater würde seine Wirkung und Faszination verlieren. Ein schöner Einwurf zur Poesie und Philosophie des Theaters und der Kunst schlechthin, die der Theatergott allen ans Herz legt.

Und so gehen natürlich auch alle Wünsche und Sehnsüchte der kleinen Schauspielertruppe, die willkürlich aneinandergefesselt, sich heftig dagegen wehrt, und in der ein jeder um eine Individualität kämpft, dann aber, als das Ende sie alle gleichermaßen aus der Bahn wirft, Teamgeist und Wertschätzung zeigt und eine sich verschwörende Gemeinschaft bildet.

Es gibt viele tolle Szenenbilder, großartige über die Bühne wirbelnde, akrobatische Tanzeinlagen des Theaterballetts, bizarre Kostüme, temperamentvolle körperliche wie mimische Kapriolen, und alle haben alle Emotionen gleichermaßen im Repertoire, die ihre Kunst begleiten und anfeuern –  wie Hoffnung, Selbstverliebtheit, Größenwahn,  Besessenheit, totale Hingabe und Wertschätzung wie Solidarität, aber auch Ängstlichkeit und Wut, wie auch die Gier nach Geld und Größe – es ist das ganze menschliche Kaleidoskop, das sich in ihrer Kunst und in ihrem Leben widerspiegelt. Und es ist das Wesen der Komödie, wie es selten heiterer und tiefsinniger zugleich als von Molière und Goldoni auf die Bühne gebracht wurde.

Ein langer anerkennender Beifall für die vielseitige großartige Jazzmusikerin Imre Lichtenberger-Bozoko, das tolle Ballett und alle Mitwirkenden, von denen wohl einige nach dieser Saison in neue Ensembles wechseln werden. A.C.

 
n werden. A.C.

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