Category Archives: Regietheater

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Gelbes Gold,B

Es ist immer wieder das Thema der Zukurzgekommen, in der Literatur, im Film, Theater, in persönlichen Gesprächen. Und es stimmt traurig, wie sich in diesem Gold-Stück der alte Fritz noch immer an seinen Pommes Frites erwärmt, nach neuen pikanten Veränderungen sucht, um sie noch köstlicher zu bruzzeln; wie seine Lebensgefährtin und Geschäftspartnerin Mimi ihrer Verbitterung über alles und jeden – über die Stagnation, die falschen Versprechungen und irregeleiteten Hoffnungen, die Flucht der Dorfgemeinschaft nach dem Abriss der alten Platten – vehement Luft macht. Sie ist keine Nörglerin, sondern leidet wirklich, sowohl unter dem sturen Mann, der ihre Interessen ( und ihr fortschreitendes Alter!) irgnoriert wie auch unter der Vereinsamung in der ländlichen Beschaulichkeit in gelb glänzender Rapsfeldromantik.

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Der Sohn, B

Exemplarisch wird hier “der Sohn” in einer schnellen Szenenabfolge vorgestellt, intensiv gespielt von Darstellern, die das Anliegen des Autors zu ihrem eigenen, wie auch zum Anliegen der Zuschauer machen. Damit erfüllt das Theater eine verantwortungsbewußte Aufgabe: eine jugendliche Depression in ihren tiefverwurzelten emotionalen Facetten transparent werden zu lassen; den Umgang der mehr oder minder hilflosen Erwachsenen mit der “null Motivation” des Sohnes sensibler zu machen. Außerdem kommt für den aus der Welt gefallenen Nicolas das nicht verarbeitete Scheidungserlebnis seiner Eltern hinzu, das ein so in sich verirrter Mensch wie dieser sanfte, sich auch körperlich verbiegende Junge nicht begreifen kann. Ein Appelll an alle Erwachsenen, diesen oft als pubertären Ausfall beiseite geschobenen seelischen Zustand in einer tieferen Verunsicherung zu suchen.

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Decamerone, B

von Kirill Serebrennikov nach Motiven von Giovanni Boccaccio in zehn Geschichten Berliner Ensemble, 2022, Berlin Regie u.Bühne: Kirill Serebrennikov, Dramaturgie: Birgit Lengers; Licht: Robert Grauel, Sergey Kucher;Choreographie: Evgeny Kulagin; Kostüme: Tatyana Dolmatovskaya; Kompoistion, musikalische Leitung: Daniel Reitag; Video: Ilya Shagalov, Ton: Svyatoslav Avilov  mit: Philipp Avdeev, Georgette Dee, Yang Ge, Oleg Gushchin, Oleg Gushchin, Marcel Kohler, Georgiy Kudrenko, Victoria Miroshnichenko, Jeremy Mockridge, Irina Vybornova, Regine Zimmermann; Musik: Daniel Freitag, Isabelle Klemt, Maria Schneider Aller Rhythmus folgt dem Herzschlag Liebe, Leid,

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Marie-Antoinette oder “Kuchen für alle”, B

Es ist ein Heidenspaß, das jäh geschasste Königspaar Anna Thalbach und Alexander Simon als Marie- Antoinette und Ludwig XVI, von der Revolution auf die Guillotine getrieben, in dieser modernen Commedia dell’Arte zu erleben. Was andernorts und von anderen Autoren als schrecklichste Tragödie inszeniert wird, plätschert hier, nicht einmal oberflächlich, sondern durchaus den Grund aufwirbelnd über eine hübsche Bühne. Mit aller Grandrezza und allem Eigensinn, die letztendlich allen Potentaten noch im Untergang eigen sind, kämpfen sie um ihr allerletzes Stückchen Würde,Genuß und üben sich in Selbstherrlichkeit. Das Ensemble schlüpft in verschiedene Rollen und zeigt so gleichermaßen, über welches schauspielerisches Potenzial alle jenseits der Klamotte verfügen. A.C.

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Master Class, OL

Das ist eine wunderbare Weisheit der großen Sängerin Maria Callas, die sie allen Liebhabern des Belcanto hier ans Herz legt: wie man Musik nicht nur hören, sondern er-fühlen muss, mit allen Sinnen, mit aller Hingabe und Konzentration. Auch Martyna Cymermann als zweite Schülerin Elena trotzt dieser Folter der einst als göttlich bezeichneten Diva in aller Verzweiflung letztendlich doch und beschert ihr eine für die Meisterin-akzeptable, immer wieder kritisch durchleuchtete und veränderte Darstellung der Lady Macbeth – für ein junges Mädchen, so lautet die Intention der Callas – eine beinahe unverantwortlich anspruchsvolle Wahl; denn die Jugend soll lernen und erfahren, was ihrer Begabung entspricht, was sie zunächst erleiden und erarbeiten muss, um sich allmählich an die großen historischen Rollen heranzutasten.

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Schwarze Schwäne, OL

Betroffenheit, aber auch heiterere Momente beleben dieses kleine Drama, und sie werden am Ende ein großes Problem aufgreifen, vertiefen und doch niemals wirklich zuende bringen: Ein Robter tut, was ihm eingegeben wird, er führt feste Algorithmen* aus, denkt nicht, fühlt nicht, gehorcht der Logik. Und damit bleibt er fern aller Ethik und Moral. Er denkt nicht: Was wollen wir? Was können wir, was verlangt die Gesellschaft von uns, und was sind wir in der Lage, zu bewältigen?

Ein wirklich nicht leichtes Thema, aber so lebensnah, empathisch und verständlich von zwei ungemein engagierten Schauspielerinnen zu einem kurzweiligen und sehr nachdenklichen Spiel umgesetzt- vor einer dunklen Wand, auf der helle, sich wellenartig bewegende Linien vielleicht die menschlichen und technischen Gehirnströme zeigen sollen, während schneeweiße Plastikformen wie kleine Monumente die Bühne in das Geheimnis des Lebens hüllen. A.C.

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