Die rote Zora

nach Kurt Held

Familienoper von Elisabeth Naske/Deutsche Erstaufführung

Komische Oper

Musikalische Leitung: Catherine Larsen-Maguire; Inszenierung: Jasmina Hadziahmetovic, Bühnenbild: Robert Pflanz; Kostüme: Mechthild Feuerstein; Chöre: Barbara Kler; Licht: Frank Evin

mit: Olivia Vermeulen, Adrian Strooper, Christoph Schröter, David Williams, Milos Bulajic, Julia Giebel, Mirka Wagner, Thomas Scheler, Hans-Peter Scheidegger, Carsten Sabrowski, Mathias Bock, Ingo Witzke, Hans-Otto Rogge, Julia Bossen, Karsten Küsters, Maximilian Held, Heide Simon, Jan Proporowitz, Matthias Spenke, Richard Neugebauer

Ein Appell an die Menschlichkeit

Ein wenig unbeholfen tanzen die Fischersleute des kleinen kroatischen Dörfchens Senj zu einigen folkloristischen Weisen am Feierabend. Plötzlich stürzt eine Frau zu Boden. Und sie stirbt. Ihr einziger Sohn Branko, der seinen vagabundieren Vater, einen Geigenspieler, nur selten sieht, wird zum Waisenkind. Bitterarm und hilflos sucht er die vor dem Dorf lebende Großmutter auf, die bei den Leuten als Hexe verschrien ist. Unfreundlich nimmt sie den Jungen für eine Nacht bei sich auf und füllt seinen hungernden Magen mit ein wenig Suppe. Dann steht Branko wieder auf der Straße.

Nach dem eher folkloristischen Vorspiel zeigen sich adrette blauweiß gekleidete Fischer in der Frühe auf dem Fischmarkt, und es geht fortan so gesittet zu wie beim Fischkauf in der “Nordsee”. Die Musik ist unbeschwert, frohsinnig, so leicht verdaulich wie die frischen Fische, die hier ein bisschen schwunglos von dem verkleideten Chor angeboten werden. Der hungrige Bronko will einen Fisch von der Erde aufheben, legt ihn aber wieder zurück, weil er nicht stehlen will. Und genau in diesem Moment erwischt ihn der fiese reiche Fischkaufmann  und will ihn als Dieb ins Gefängnis stecken lassen!

Bei den Kindern kommt diese auf die einfache Formel “gutes und schlechtes Sozialverhalten” gebrachte Geschichte gut an, denn das Thema ist nicht, wie im Buch, vordringlich der schmerzende Hunger, das Elend des Ausgestoßenseins, der Armut und der Diskriminierung, sondern es geht eher um harmlose Mutproben, schillernd schöne Tunfische, einen harmlosen Hühnerdiebstahl, und – die kapitalistische Vernichtung der privaten Fischerexistenzen. Insofern ist die gesamte Fassung der “Roten Zora” ein wenig an Kindern vorbeigedacht und für die Achtjährigen ohnehin nur schwer zu begreifen. Was sie verstehen, ist, dass da eine Bande von fünf Kindern mit einem Mädchen als Anführerin sich wacker durch die Straßen schlägt, die tölpelhaften, tumben und betrunkenen Polizisten an der Nase herumführt, die überhebliche Gegenbande der weißen Gymnasiasten ordentlich verdrischt und beim netten Bäcker und dem alten lebensklugen kinderlieben Fischer Gorian Hilfe und Schutz findet.

Dann gibt es in der Geschichte einige Verwicklungen, die aufgeklärt werden müssen, und die Kinder an ihr Gewissen ermahnen: man darf nicht stehlen und betrügen, sondern muß sich sein Brot selbst ehrlich und anständig verdienen. Eine Moral, der man nur zustimmen kann, würde sie nicht gerade in Kroatien verkündet. Und da nicht alle Erwachsenen Feinde sind, erhalten diese Kinder die Chance von ihren Freunden, ein ordentliches Leben zu führen. Da die Bühnenbilder zum Teil wirklich phantastisch sind, mit kindgerechter Phantasiewelt märchenhaft ausgeschmückt, und ständig ein mittelmeer-himmelblaues Licht die Bühne beleuchtet, die Fischer allesamt so adrett und die Musik so heiter und unkompliziert durch die leichte Inszenierung leitet, werden die kleinen Zuschauer wohl doch nicht überfordert, wie es durchaus hätte sein können, wenn man die “Rote Zora” in ein äquivalentes heutiges Milieu gestellt und ein wenig mehr problematisiert hätte- denn auf die Kinderarmut in vielen Ländern der Welt sollte nicht nur mit Sammelbüchsen zur Weihnachtszeit auf unseren Straßen hingewiesen werden  

Aber, als der in die Schweiz emigrierte, links orientierte (und daher von den Nazis verfolgte) Autor Kurt Kläber unter dem Pseudonym Kurt Held 1941 die Geschichte von der roten Zora und ihrer Bande niederschrieb, verarbeitete er, sehr realistisch, Erlebnisse aus dem damaligen Jugoslawien, wo er eine Kinderbande unter der Führung eines rothaarigen Mädchens kennen gelernt hatte. Die Kinder waren so bitterarm, dass Kläber sie am liebsten alle adoptiert und mit in die Schweiz genommen hätte, was natürlich nicht möglich war. Aber wahrscheinlich hat er, wenn nicht diesen Kindern, so doch vielen anderen, mit seinem Buch, das er über die Not und das Elend der kroatischen Kinderbande schrieb, geholfen. Und sein Buch half damals und später auch vielen Lehrern und Eltern, ohne Inanspruchnahme philosophischer Ethik-Analysen eine pragmatische Lebensorientierung mit Hilfe fester moralischer Wertvorstellungen jenseits aller politischer Polarisierungen zu manifestieren. A.C.

4 comments

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